Premierminister Nicolae Ciucă jetzt auch Chef seiner Partei
Als alleiniger Kandidat ist er am Sonntag auf einem außerordentlichen Kongress der PNL zum Vorsitzenden der Partei gewählt worden.
Ştefan Stoica, 11.04.2022, 13:25
Der General a.D. und ehemalige Generalstabschef der rumänischen Armee ist zwar ein Neuzugang in der Politik, wird aber von Staatschef Klaus Iohannis stark unterstützt. So neu ist Ciucă in Politik und Partei, dass er sogar eine Ausnahmeregelung brauchte, um für den Parteivorsitz überhaupt kandidieren zu können. Ciucă ersetzt Florin Cîtu, der erst vor sechs Monaten Chef der Liberalen geworden war, sich aber nicht zuletzt aufgrund seines angespannten Verhältnisses zu den sozialdemokratischen Koalitionspartnern zum Rücktritt gezwungen sah – ein Verhältnis, das die regierende Koalition in einer Zeit belastete, in der politische Instabilität vermieden werden sollte.
Premierminister Nicolae Ciucă hingegen wird von der PSD akzeptiert und scheint der perfekte Garant für eine funktionierende Koalition zu sein. Er verspricht Stabilität und erinnert daran, dass Rumänien eine Zeit der Krisen durchlebt – die Gesundheits und die Energiekrise, steigende Lebensmittel- und Kraftstoffpreise, dazu die humanitäre Krise, die durch den Krieg in der benachbarten Ukraine ausgelöst wurde, sind große Herausforderungen.
Nach seiner Wahl versprach der neuen Liberalenchef, sich wichtigen Themen widmen zu wollen. „Zusammen mit unseren Partnern, der PSD und der UDMR, haben wir die Verantwortung für die Umsetzung von Reformen und die Modernisierung des Staates zum Wohle der Bürger übernommen, und nicht für kleinliche Einsätze oder inhaltsleeren Zwist. Die Rumänen erwarten von uns Ergebnisse und Effizienz, keinen Populismus und keine ständigen Streitereien”, sagte Nicolae Ciucă.
Auf der anderen Seite der Barrikade prangerte sein Vorgänger, der Finanzspezialist Florin Cîtu gerade den Populismus einiger sozialer Maßnahmen an, die von den Sozialdemokraten durchgesetzt wurden und die Ursache für die derzeitige Situation seien, die von Inflation und hohen Zinssätzen dominiert wird. Er sagt, er bedauere, dass er keinen Schritt zurück gemacht habe, als sich die PNL im vergangenen Herbst mit der PSD verbündete, um die Regierungsgeschäfte zu übernehmen. Man darf aber auch nicht vergessen, dass es derselbe Florin Cîtu war, der die Tür für diese Zusammenarbeit zwischen den beiden rivalisierenden Parteien geöffnet hatte, nachdem er die Union zur Rettung Rumäniens regelrecht gezwungen hatte, die Regierung zu verlassen.
Politische Kommentatoren sind der Meinung, dass die Liberale Partei ihre Autonomie verloren hat und ihre Entscheidungen anderswo getroffen werden, weil sie unerfahrene Spitzenleute wie Cîtu oder Ciucă an ihre Spitze stellt. Doch die durch den aktuellen nationalen und internationalen Kontext auferlegten Dringlichkeiten verschieben diese Diskussion vorerst. Im Jahr 2024 werden jedoch neue Parlaments- und Präsidentschaftswahlen stattfinden, und zweifellos werden sich die Gemüter zu diesem Zeitpunkt wieder zu erhitzen beginnen. Dann wird zum Beispiel auch das heikle Thema des mutmaßlichen Plagiats von Premierminister Nicolae Ciucă aufgegriffen werden. Ciucă ist übrigens der dritte Regierungschef in Rumänien, dem vorgeworfen wird, in seiner Dissertation abgeschrieben zu haben. Der neue Chef der Liberalen weist jedenfalls diese Anschuldigung zurück. Er behauptete sogar, dass er die Würde hätte, sein Amt niederzulegen, wenn die zuständigen Institutionen entscheiden würden, dass die Plagiatsvorwürfe gegen ihn zutreffen. Bis dann ist er aber Premierminister UND neuer Parteichef.