Politische Auseinandersetzung um Rentenerhöhung
Das rumänische Parlament hat trotz Kritik aus dem Regierungslager die von den Sozialdemokraten angestrebte Änderung am Nachtragshaushalt verabschiedet – die Renten sollen nun stärker steigen.
Bogdan Matei, 23.09.2020, 12:26
Die schon an diesem Wochenende geplanten Kommunalwahlen haben die politischen Gemüter verständlicherweise erhitzt. Das zahlenmäßig von linken Kräften dominierte Parlament hat ein Nachtragshaushaltsgesetz verabschiedet, das von der Vorlage der liberalen Regierung deutlich abweicht. Zusammen mit ihren traditionellen Verbündeten aus der ALDE oder den gelegentlichen Gleichgesinnten aus der UDMR haben sie die Anhebung der Rentenberechnungsgrundlage um 40% statt 12 Prozent durchgesetzt. Auch stimmten die Parlamentarier für höhere Lehrergehälter bereits ab diesem Jahr und für mehr Geld für die Kommunen. Die Regierung, die auf nur 22% Unterstützung im Parlament zählen kann, hat unverzüglich angekündigt, mit allen möglichen Mitteln gegen die neuen Vorschriften anzukämpfen. Nach Angaben der Liberalen könne sich die Wirtschaft im Moment keine solche Maßnahme leisten — Rumänien würde in Zahlungsunfähigkeit geraten:
Die Regierung wird das Gesetz vor dem Verfassungsgericht anfechten”, warnte Premierminister Ludovic Orban. Sie werde unter keinen Umständen diese grundlosen Leistungserhöhungen akzeptieren, weil man nicht hinnehmen könnte, dass die Zukunft des Landes von verantwortungslosen Politikern aufs Spiel gesetzt wird, empörte sich Orban, der sämtliche rechtlich zulässigen Mittel nutzen werde, um der Maßnahme Einhalt zu gebieten, die er als ökonomischen Unsinn betrachtet.
Die bei den Rentnern schon immer beliebten Sozialdemokraten behaupten jedoch, dass Geld da sei. Ihr Fraktionschef im Unterhaus, Alfred Simonis, warf den Liberalen und ihrem politischen Schutzpatron Klaus Iohannis vor, ursprünglich auch für höhere Renten eingetreten zu sein. Die Regierung verschwende unter dem Deckmantel der COVID-19-Krise das Geld der öffentlichen Hand, kritisierte er:
Bevor Sie an die Macht kamen, haben Sie und Ihre Regierung und der Präsident erklärt, dass höhere Renten machbar sind und Sie die Maßnahme in Kraft setzen — sobald Sie an der Macht waren, haben Sie es sich anders überlegt”, rügte Simonis.
Einige der Rentner haben nur noch einige Jahre, vielleicht auch nur einige Monate zu leben, das sollte die Regierung berücksichtigen. Die Regierung sollte einfach dem Raubbau und der Verschwendung ein Ende setzen, dann wäre schon Geld da, fordert der Abgeordnete.
Die mutmaßlich außerhalb der Politik stehende Zentralbank warnte, dass eine Anhebung der Renten um 40% das Haushaltsdefizit im nächsten Jahr auf 11% des BIP bringen werde. „Anstatt einer über Jahre hinweg geordneten Begradigung wäre Rumänien zu einer ungeordneten Berichtigung gezwungen, die wirtschaftlich und sozial sehr kostspielig sein werde“, ermahnte die Zentralbank. Arbeitgeberverbände und die Privatwirtschaft generell befürchten, dass höhere Ausgaben aus rein wahltaktischen Gründen einen hohen Risikofaktor für Rumänien darstellen.