Parlamentarier biegen sich Strafgesetz zurecht
Die rumänischen Parlamentarier beweisen wieder einmal, dass sie alles mögliche für ihre Privilegien tun, besonders wenn es um Justiz geht.
Florentin Căpitănescu, 11.12.2013, 14:46
Die rumänischen Parlamentarier haben erneut zu dem riesigen Imagedefizit des hiesigen Parlaments beigetragen. Sie versuchen sich in regelmäßigen Abständen in einen Kokon zu wickeln, der sie vor den Ermittlungen der Justiz schützen soll. Mehrheiten im Parlament und die Parlamentsmitglieder selbst haben mehrmals gewechelt, doch diese Vorgehensweise blieb unverändert. Die Mitglieder des Juristischen Ausschusses der Abgeordnetenkammer haben am Montag bis Mitternacht an den Änderungen des Strafgesetzes gearbeitet. Am nächsten Morgen wurde das abgeänderte Strafgesetzbuch im Plenum mit einer bedeutenden Mehrheit und in höchster Eile gebilligt. Keine Anstrengung ist zu groß, wenn es um die eigenen Interessen geht.
Die bedeutendste Änderung ist, dass der Staatschef, die Parlamentarier und die Freiberufler keine Staatsbediensteten mehr sein werden. Damit kann gegen sie wegen Korruption, Bestechung und Interessenkonflikt nicht mehr strafrechtlich ermittelt werden, noch werden sie für erwiesene Taten bestraft werden können. Die Parlamentarier brachten Argumente und zwar, dass sie gewählt und nicht ernannt sind, dass sie keine Arbeitsverrtäge unterzeichnet haben, dass sie sich nicht der Rechte eines Staatsbediensteten erfreuen und dass sie keine Erbgüter verwalten. Mehr noch: Sie sagen, dass die Parlamentarier in keinem anderen demokratischen europäischen Land Staatsbedienstete seien.
Die Politikbeobachter bemerken aber, dass illegales Vorgehen oder Straftaten der Parlamentarier in den besagten Ländern nicht so weit verbreitet wie im Rumänischen Parlament seien. Die von der Nationalen Antikorruptionsdirektion (DNA) und der Integritätsbehörde (ANI) veröffentlichten Daten, zweier Institutionen, die somit um ihre Ermittlungsrechte amputiert werden, sind aussagekräftig in diesem Sinne. Gegen rund 30 Parlamentarier laufen Prozesse und andere wurden sogar in Strafsachen verurteilt, in denen die Antikorruptionsbehörde (DNA) ermittelt hatte. Gegen weitere 25 Parlamentarier wird von der Integritätsbehörde (ANI) wegen Interessenkonflikt ermittelt.
Der rumänische Staatschef Traian Băsescu nahm die Parlamentarier an die Kandare. Er verwies auf die Folgen des Vorgehens der Abgeordneten im künftigen Bericht der Europäischen Kommission über den Stand der Justiz in Rumänien, die Gegenstand des Kooperations- und Kontrollmechanismus (MCV) ist:
Die Änderung des Strafgesetzbuches bringt für die Politiker nur Vorteile und das wird niemand [in Europa] hinnehmen. Ich kann Ihnen schon jetzt sagen, was im Bericht stehen wird. Es wird bestimmt eine Formulierung geben wie ‚es feht der politische Wille zur Bekämpfung der Korruption‘.“
Die Ansicht des Präsidenten teilt auch der Oberste Rat der Magistratur (CSM), das höchste Gremium der Richter und Staatsanwälte. Der CSM müsste laut Gesetz als Berater in jeder Änderung des Strafgesetzes Empfehlungen aussprechen, wurde aber nicht einmal zu Rate gezogen.