Parlament setzt Regierung ab – Misstrauensantrag erfolgreich
238 Abgeordnete und Senatoren stimmten für den Antrag, der letzte Woche eingereicht wurde; nur vier Gegenstimmen wurden gezählt. Nötig für die Entlassung der Regierung waren 233 Stimmen, den Text des Misstrauensantrags unterschrieben 237 Parlamentarier.
Bogdan Matei, 10.10.2019, 15:03
2019 wird für die Sozialdemokratische Partei, die die postkommunistische politische Szene Rumäniens seit drei Jahrzehnten beherrscht, offenbar ein schwarzes Jahr. Im Mai verlor die PSD zugunsten der PNL die Wahlen zum Europäischen Parlament auf deutliche Weise. Am nächsten Tag wurde Liviu Dragnea, der starke Mann der Partei- und Regierungskoalition, die die Sozialdemokraten mit den Liberaldemokraten der ALDE gebildet hatten, wegen Korruption verurteilt und inhaftiert. Im vergangenen Monat gingen die liberaldemokratischen Juniorpartner in die Opposition, und die von der neuen PSD-Chefin Viorica Dăncilă geführte Regierung blieb in der Minderheit.
Und am Donnerstag verloren Dăncilă und ihr Team auch die Exekutivgewalt, nachdem das Zweikammerparlament in Bukarest den von der liberalen Opposition eingeführten Misstrauenantrag angenommen hate.
Die Unterzeichner hatten das Exekutivteam in den letzten 30 Jahren als die schädlichste Regierung eingestuft und argumentiert, dass sie nach ihrer Entlassung ein verantwortungsbewusstes Regierungsprogramm verabschieden würden, das sich an der Entwicklung und Modernisierung des Landes und am tatsächlichen Wohlstand jedes Rumänen orientiert.
Konstitutionell wird Präsident Iohannis weiterhin die Hauptrolle spielen. Er muss die Parteien zu Beratungen einberufen – es gilt, einen neuen Kandidaten für das Amts des Regierungschefs zu finden, der innerhalb von zehn ein Kabinett bilden und eine Mehrheit im Parlament suchen muss. Doch die Zukunft ist unklar. Es besteht auch die Möglichkeit, dass die derzeitige Regierung vorübergehend und mit begrenzten Befugnissen bis nach den Präsidentschaftswahlen im November stellt und wartet, dass erst der künftige Präsident den neuen Premierminister ernennt, der eine Mehrheit im Parlament anstrebt. Vorgezogene Parlamentswahlen sind möglich, wenn die Abgeordneten innerhalb von 60 Tagen nach dem ersten Antrag kein Vertrauensvotum für die Regierungsbildung erteilen und zwei Anträge für die Einsetzung einer Regierung ablehnen.
Ludovic Orban, Chef der Nationalliberalen Partei, die die stärkste Oppositionspartei stellt, erklärte nach der Abstimmung im Parlament , dass ein dreijähriger Albtraum nun zu Ende gehe. Doch auch Kommentatoren gehen vom Ende einer Ära aus. Im Dezember 2016 kehrte die PSD an die Macht zurück, nachdem sie die Parlamentswahl mit einem Rekordwert von 45 Prozent gewonnen hatte. Später ließ Parteichef Liviu Dragnea, zwei eigene Regierungen stürzen, nachdem die jeweiligen Regierungschefs ihm den Gehorsam verweigerten. Er setzte Sorin Grindeanu durch einen von der eigenen Partei eingeleiteten Misstrauensantrag ab, eine beispiellose Tatsache in der rumänischen Politik. Mihai Tudose zwang er zum Rücktritt. Erst mit dem Sturz von Viorica Dăncilă, der lange Zeit als der treueste seiner Anhänger galt, verlässt Liviu Dragnea definitiv die Szene.