Neue Konsultationen für die zukünftige Regierung
Die politische Lage nach den Wahlen ist kompliziert
Bogdan Matei, 15.12.2020, 12:43
Die Verteilung der wenigen Stimmen nach einer historisch schwachen Wahlbeteiligung von nur knapp 33% zwingt die Parteien zu schwierigen Verhandlungen für die Bildung einer funktionstüchtigen Mehrheit im Parlament. Nach ersten Gesprächen mit den Parteien musste Präsident Klaus Iohannis einräumen, dass sich eine solche Mehrheit noch nicht abzeichnet: Diese erste Beratungsrunde war ein guter Austausch mit den Vertretern der Parteien, aber die Voraussetzungen für die Beauftragung eines Kandidaten mit der Bildung einer neuen Regierung sind nicht erfüllt,” so Iohannis.
Die Liberalen, die Allianz USR PLUS und der Magyarenverband UDMR wollen weiter verhandeln. Zusammen kommen die drei auf 244 der 465 Mandate in Senat und Unterhaus. Die Liberalen, die der EVP angehören und die USR PLUS aus der Renew Europe-Fraktion im EP, haben allerdings eigene Premierministervorschläge gemacht — erstere wollen den gegenwärtigen Finanzminister, Florin Câţu, letztere den Europaabgeordneten Dacian Cioloş, der schon 2016 Regierungschef war .
Auch über den Vorsitz der Abgeordnetenkammer konnte keine Einigung erzielt werden. Der Präsident des Unterhauses gilt im rumänischen Verfassungsgefüge als Schlüsselposition, denn über ihn als Filter laufen 80% der Gesetzentwürfe.
Doch die beiden Parteien und die Vertretung der ungarischen Minderheiten lassen nicht locker, meint auch der liberale Parteichef Ludovic Orban, der nach den Wahlen als Premierminister aufhörte: Wir werden weiter diskutieren und suchen nach gemeinsamen Punkten, die von allen Verhandlungsparteien getragen werden können und was wir als günstig für Rumänien bewerten.
Auch der Kopräsident der USR-PLUS, Dan Barna wies auf das Wichtige hin: Es ist eine echte Chance für Rumänien, eine stabile und ausgeglichene Mitte-Rechts-Mehrheit zu haben, die das Potenzial hat, vier Jahre durchzuregieren und die sehr wichtigen Reformen umzusetzen.”
Die Ungarnunion UDMR, die in den letzten 30 Jahren bereits mit allen wichtigen Akteuren koalierte, ließ durch Parteichef Kelemen Hunor verlauten, dass die einzige stabile Formel ein Bündnis der drei Kräfte sei.
Die sozialdemokratischen Wahlsieger sind vorläufig isoliert in der neuen Legislative. Parteichef Marcel Ciolacu kann sich eine Regierung der nationalen Einheit vorstellen: Wir haben unterstrichen, dass Rumänien eine schwierige Zeit durchmacht und sich keine brüchige Mehrheit im Parlament leisten kann. Eine Einheitsregierung ist aktuell die beste Lösung.”
Die neu eingezogenen Nationalisten von der Allianz zur Vereinigung der Rumänen AUR würde in einer solchen Einheitsregierung nur das Bildungsressort beanspruchen, so George Simion, einer ihrer Parteichefs.
Bei Radio Rumänien warnte der Politologe Andrei Ţăranu, dass die Verhandlungen nicht zu lange dauern dürften, da eine funktionsfähige Regierung die anti-COVID-Impfkampagne koordinieren und einen Haushalt für 2021 vorlegen muss.