Neue Entscheidungen des rumänischen Verfassungsgerichts
Das rumänische Verfassungsgericht hatte in letzter Zeit sehr viel zu tun. Am Mittwoch haben die Verfassungsrichter mehrere Entscheidungen getroffen.
Ştefan Stoica, 19.07.2018, 16:11
In den letzen Monaten gab es immer mehr Verfassungsklagen in Rumänien – ein klares Symptom für undeutliche Gesetze und schlechte Kommunikation zwischen der Macht und der Opposition. Das Verfassungsgericht wurde nach und nach zum Schiedsrichter, der die legislativen, institutionellen oder sogar politischen Dispute lösen mußte.
In Bukarest hat das Verfassungsgericht am Mittwoch die Besprechung der Verfassungsklage von Staatspräsident Klaus Iohannis auf den 18. September aufgeschoben. Die Klage betrifft die Änderung und Ergänzung des Gesetzes über die Organisation und die Funktionsweise des Richterrates. In seiner Klage rügt Klaus Iohannis die Tatsache, dass das Parlament seinen Antrag, die Bestimmungen über die Funktionsweise des Richterrates zu überprüfen, ohne jede Motivation abgelehnt hat. Er behauptet ferner, dass die neuen Normen die Rolle des Staatsoberhaupts als Garant für die Unabhängigkeit der Justiz und das Funktionieren der Justizinspektion beeinträchtigen würden. Der Gesetzgeber müsse laut Gesetz alle aufgeworfenen Fragen erneut prüfen, so der Staatspräsident.
Am Mittwoch hat das Verfassungsgericht Rumäniens der Klage betreffend das Recht auf freien Personenverkehr und Aufenthalt der Partner einer gleichgeschlechtlichen Ehe stattgegeben, gemäß der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs. Der Europäische Gerichtshof in Luxemburg hat entschieden, dass auch homosexuelle Nicht-EU-Bürger Freizügigkeit in der Europäischen Union genießen – wenn sie mit einem EU-Bürger verheiratet sind. Das heißt, sie haben das Recht, mit ihrem Partner gemeinsam in einem EU-Land zu leben. Geklagt hatte ein Rumäne, der mit einem US-Amerikaner verheiratet ist. Beide hatten geplant, gemeinsam in Rumänien zu leben. Doch die rumänischen Behörden hatten dem US-Amerikaner das Aufenthaltsrecht verweigert, da in Rumänien Ehen zwischen Menschen gleichen Geschlechts nicht anerkannt werden. Wie der Europäische Gerichtshof urteilt, haben EU-Mitgliedsstaaten weiterhin das Recht, selbst darüber zu entscheiden, ob sie gleichgeschlechtliche Ehen erlauben. Gleichzeitig können sie einem homosexuellen Nicht-EU-Bürger aber nicht das Recht nehmen, bei seinem Partner zu leben.
Am Mittwoch hat das Verfassungsgericht die Klage der Nationalliberalen Partei PNL und der Union Rettet Rumänien USR (beide von der Opposition) in Bezug auf das Projekt zur Änderung des Gesetzes über den Status der Richter und Staatsanwälte abgelehnt. Ferner hat das Verfassungsgericht die Besprechung der Klagen der zwei Oppositionsparteien PNL und USR und des Obersten Gerichtes Rumäniens über das Projekt zur Änderung des Strafgesetzbuches und der Strafprozeßordnung auf den 25. September aufgeschoben.
Ebenfalls am Mittwoch hat das Verfassungsgericht den Verfassungsklagen des Staatspräsidenten Klaus Iohannis, der Nationalliberalen Partei PNL, der Union Rettet Rumänien USR und der Partei Volksbewegung PMP (alle drei von der Opposition) in Bezug auf das Gesetz zur Gründung des Souveränen Fonds für Entwicklung und Investitionen stattgegeben. Dabei sagte der Verfassungsgerichtspräsident, Valer Dorneanu, besagtes Gesetz sei für verfassungswidrig erklärt worden, weil der Souveräne Fonds nicht per Gesetz sondern per Regierungsentscheidung gegründet werden müsse. Laut Gesetzentwurf sollten 33 Unternehmen, bei debnen der rumänische Staat Aktien besitzt, in einen sog. Souveränen Fonds für Entwicklung und Investitionen (d. H. Staatsfonds) vereint werden, dessen Stammkapital etw 9 Milliarden Lei (etwa 2 Milliarden Euro) erreichen würde. Laut der regierenden Sozialdemokratischen Partei soll der Fonds zum Instrument zur Entwicklung der großen und mittleren Infrastruktur und der Investitionen in der Landwirtschaft, zur Industrialisierung Rumäniens und zum Schaffen von neuen Arbeitsplätzen werden. Die Opposition ist der Ansicht, dass die großen Summen vom Staatsfonds inkorrekt verwendet werden könnten und das die Ernennung der Führungskräften nach politischen Kriterien erfolgen und der Korruption den Weg freimachen würde. Wenn die Exekutive einen anderen Weg zur Einrichtung des Staatsfonds findet, werde die Opposition erneut Klage einreichen, diesmal beim Verwaltungsgericht.