Nach Einigung über Gehaltserhöhungen: Lehrerstreik ausgesetzt
Nach drei Wochen ist der Lehrerstreik in Rumänien vorerst beendet. Die Regierung hat eingelenkt und substanzielle Gehaltserhöhungen versprochen, die etappenweise per Dringlichkeitsverordnung verabschiedet werden sollen.
Bogdan Matei, 13.06.2023, 14:09
Seit heutigem Dienstag haben die Vorschulkinder und Schüler wieder Unterricht. Sie werden allerdings nur noch bis Freitag in die Kita oder Schule gehen, denn danach beginnen die langersehnten zweimonatigen Sommerferien. Vorausgegangen war eine durch den Lehrerstreik verursachte dreiwöchige Unterbrechung des Unterrichts. Der in den letzten 18 Jahren beispiellose Generalstreik im voruniversitären Bereich begann am 22. Mai und dauerte bis zum 12. Juni — in dieser Zeit gingen viele Lehrer auf die Straße, um ihrem Ärger über die Lohnpolitik der Regierung Luft zu machen.
Die Leiter der Lehrergewerkschaften kündigten an, sie hätten die Entscheidung zur Aussetzung des Streiks nach Rücksprache mit ihren Kollegen im ganzen Land getroffen. Die Aussetzung sei jedoch an die Bedingung geknüpft, dass die Koalitionsregierung per Dringlichkeitsverordnung den Grundsatz einführt, dass die Entlohnung der frischgebackenen Lehrer auf das Niveau des durchschnittlichen Bruttogehalts festgelegt wird.
Des weiteren versprach die Exekutive eine Erhöhung der Gehälter noch in diesem Monat um 1 300 Lei (umgerechnet etwa 260 Euro) für Lehrkräfte und 400 Lei (rund 80 Euro) für nicht lehrendes Personal. Auch im nächsten Jahr sollen ab dem 1. Januar die Gehälter auf der Grundlage des neuen Gesetzes über die Beamtenbesoldung in zwei Stufen erhöht werden, und zwar um 50 Prozent im Jahr 2024 und um weitere 50 Prozent im Jahr 2025. Die Regierung hat außerdem eine jährliche Prämie von 1 500 Lei (300 €) für Lehrer und 500 Lei (100 €) für nicht lehrendes Personal in Aussicht gestellt. Diese Prämien sollen von 2023 bis 2027 jeweils am 5. Oktober, dem Internationalen Tag der Bildung, ausgezahlt werden.
Sollten sich die mit der Dringlichkeitsverordnung vereinbarten Grundsätze im neuen Entlohnungsgesetz für den öffentlichen Dienst nicht wiederfinden, werde der Generalstreik wiederaufgenommen, drohten indessen unverhohlen Simion Hăncescu und Marius Nistor, die Leiter der zwei wichtigsten Dachverbände der Lehrergewerkschaften.
Doch nicht alle Lehrer sind mit der Entscheidung der Gewerkschaften, den Streik auszusetzen, zufrieden und einige wollen ihren Protest fortsetzen. In der nordostrumänischen Stadt Suceava etwa gab es am Montag eine Demonstration, an der mehr als 1 500 Menschen teilnahmen, und viele Mitglieder des regionalen Verbands der Lehrergewerkschaften sind weiterhin entschlossen, den Streik fortzusetzen und auch in den kommenden Tagen auf die Straße zu gehen. Und auch im westrumänischen Landkreis Timiș (dt. Temesch) gibt es Lehrer und weitere Angestellte im Schulwesen, die mit der Aussetzung des Streiks nicht einverstanden sind. Der örtliche Gewerkschaftsvorsitzende hat jedoch angekündigt, dass er die Entscheidung der Mehrheit seiner Kollegen im ganzen Land, die Arbeit wieder aufzunehmen, akzeptiere.
Alles in allem hat die Nachricht von der Wiedereröffnung der Schulen die meisten Schüler gefreut, insbesondere Abgänger der Sekundärschulen und Gymnasiumsabsolventen können nun darauf zählen, dass sie die Abschlussprüfungen bzw. das Abi nach dem Zeitplan werden bestreiten können. Die anhaltende Krise im rumänischen Schulwesen würde jedoch die vom Präsidialamt gestartete Initiative Bildungsstandort Rumänien“ zunichte machen, kommentiert die rumänische Presse. Damit habe Staatschef Klaus Iohannis, selbst ehemaliger Gymnasiallehrer für Physik in seiner Heimatstadt Sibiu (Hermannstadt), während seiner beiden fünfjährigen Amtszeiten punkten wollen. Der Traum von einer tiefgründigen Reform des rumänischen Bildungswesens sei damit ausgeträumt, so die rumänische Presse.