Nach der Parlamentswahl: Wählerprofile nach Alter und Bildung hinterfragt
Die Ergebnisse der Parlamentswahlen vom Sonntag haben viele Experten und Polit-Insider stutzig gemacht. Viele etablierten Trends müssen nun hinterfragt werden.
Florentin Căpitănescu, 13.12.2016, 17:30
Die Wahlen haben nicht nur bestätigt, dass die linke Sozialdemokratische Partei PSD in der Beliebtheit der Wähler dominant ist — sie zeigen darüber hinaus, dass sie Wählergruppen in sozialen und geographischen Bereichen erschlossen hat, die ihr bisher eher verwehrt waren. Die PSD, die landesweit über 45% der abgegebenen Stimmen auf sich vereinte, gewann in 34 Landeskreisen, aber auch in der Hauptstadt. Nur ein paar Farbkleckse in Siebenbürgen trüben eine andernfalls rote Landkarte ein. Die mitte-rechts-orientierte liberale PNL erreichte landesweit 20% und konnte sich nur in den Landeskreisen Cluj, Alba und Sibiu durchsetzen, während die UDMR, die repräsentative Partei der ungarischen Minderheit, in ihren traditionellen Hochburgen Harghita, Covasna, Mureş und Satu Mare siegte und sich so sechs Prozent der Stimmen landesweit sicherte.
Das Wählerprofil der Sozialdemokraten veränderte sich dabei signifikant. Das Meinungsforschungsinstitut IRES meinte, dass es zum ersten Mal der PSD gelang, die urbane, gut gebildete Bevölkerung anzusprechen und zu mobilisieren — bisher punkteten die Linken fast ausschließlich am Land und bei den Bildungsunterschichten. Die Hälfte der Wähler in der Stadt stimmte für die PSD und auch unter den Wählern mit Hochschulabschluss überzeugte die PSD mehr als die liberale Konkurrenz. Genauso überraschend ist, dass die Sozialdemokraten auch mehr junge Menschen begeistern konnten. Nach Messungen des IRES haben Wähler in der Altersgruppe 25 — 34 Jahre für Sozialdemokraten und Liberale gleichgewichtig gestimmt. Immerhin wählten mehr Studenten die PNL als die PSD. Während 31 Prozent von ihnen den Wahlstempel auf die PNL drückten, erreichte die PSD nur 28 Prozent. Von den Studenten entschieden sich 18 Prozent für die Union Rettet Rumänien (USR), die drittstärkste Kraft im künftigen Parlament. Ältere Wählergruppen entschieden sich wie immer mehrheitlich für die PSD — fast 60% von ihnen wählten sie. Diese Daten müssen allerdings im Licht einer geringen Wahlbeteiligung von unter 40 Prozent betrachtet werden.
Die meisten Auslandsrumänen stimmten in der benachbarten Republik Moldau ab. Von den dortigen 30 Tausend Wählern gaben mehr als die Hälfte ihre Stimme der mitte-rechts-orientierten Partei der Volksbewegung (PMP), die vom früheren Staatspräsidenten Traian Băsescu gegründet wurde. In Italien und Spanien, wo die größten Gastarbeitergemeinden der Rumänen zu finden sind, votierten die meisten für die PNL. Für die USR stimmten mehrheitlich die Rumänen in Großbritannien, Deutschland und Frankreich, aber auch jene in Russland und China. Die PSD konnte nur in Israel die meisten rumänischen Wähler überzeugen.