Moldauische Twitter-Revolution jährt sich zum sechsten Mal
Hinter dem Namen steckt eine Reihe von Protesten, bei denen zumeist junge Menschen gegen den Ausgang der Wahlen vom 5. April 2009, aber auch generell gegen die politische Lage demonstrierten und die Moldau auf proeuropäischen Kurs setzten.
Valentin Țigău, 07.04.2015, 17:15
Die Wahlen waren von der regierenden KPRM gewonnen worden, doch die Demonstranten warfen der Verwaltung massiven Betrug bei der Auszählung der Stimmen vor. Am 6. und 7. April gingen Tausende Menschen auf die Straße, die Amtssitze des Parlaments und des Präsidialamts in der moldauischen Hauptstadt Chişinău wurden in Brand gesetzt. Mindestens ein Protestant wurde getötet, mehrere Hunderte wurden verhaftet. Der damalige moldauische Staatspräsident Wladimir Woronin beschuldigte Rumänien, Strippenzieher der Proteste zu sein. Er wies den rumänischen Botschafter aus und führte die Visumpflicht für die Einreise rumänischer Staatsangehöriger wieder ein. Das rumänische Außenministerium wies die Vorwürfe Woronins vehement ab.
Nach den Protesten blockierte die Opposition die Wahl des Präsidenten durch das Parlament — dies führte zu Neuwahlen und zum Wahlsieg proeuropäischer Parteien, die zusammen in der Allianz für Europäische Integration 53 der 101 Parlamentsmandate hielten. Die Allianz löste sich später auf, nachdem die Parteien in Themen wie die militärische Neutralität, die Vereinigung mit Rumänien oder die Aufteilung der Führungsämter keinen Konsens erreichen konnten. Die politische Krise, die zu einem dreimaligen Scheitern der Präsidentenwahl führte, wurde im März 2012 durch die Wahl des parteifreien Richters Nicolae Timofti zum Staatspräsidenten der Moldau beigelegt.
Nach den jüngsten Wahlen vom 30. November 2014 konnte eine neue Regierung nach langem Tauziehen nur mithilfe der Stimmen der kommunistischen Fraktion eingesetzt werden.
Zurück aber zur Twitter-Revolution vom April 2009: Die Bezeichnung ist darauf zurückzuführen, dass die Demonstranten in Chişinău sich über Twitter mobilisierten und organisierten und über das gleiche Instrument mit den Medien kommunizierten. Es war zum ersten Mal, dass soziale Netzwerke im Internet ihre Mobilisierungsfähigkeiten richtig zur Schau stellten — der arabische Frühling in Tunesien und Ägypten bestätigte die herausragende Rolle des Internets — insbesondere von Facebook und Twitter — bei der Aufklärung der Welt über die Zustände im jeweiligen Land. Auch heute noch erfolgen Aufrufe zur Revolution über Facebook und Twitter — zuletzt in Syrien oder dem Jemen. In anderen Ländern sind diese Netzwerke aber aufgrund ihres Potenzials verboten worden.