Moldau: welche Form von Neutralität?
Mit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine nahm die Diskussion über die Sicherheitsstrategie der Republik Moldau an Fahrt auf.
Daniela Budu, 25.05.2022, 14:52
Jüngst erklärten sich die EU, die USA und das Vereinigte Königreich bereit, der Republik Moldau aufgrund des Angriffskriegs auf die benachbarten Ukraine und der Lage in der separatistischen Region Transnistrien moderne Waffen zu liefern. Dies stellt, die in der Verfassung Chişinăus von 1994 verankerte Neutralität erneut infrage. Seit drei Monaten, seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, wird im Nachbarstaates intensiv darüber diskutiert. Aus einer Umfrage des Instituts für Entwicklung und soziale Initiativen „Viitorul“ geht hervor, dass sich die Hälfte der Moldauerinnen und Moldauer für die Neutralität ausspricht. Regierungsvertreter versicherten, dass diese Neutralität, die von Moskau seit fast 30 Jahren streng überwacht wird, der rote Faden in der Sicherheitspolitik der Moldau bleibt.
Der Experte in Fragen der von der Moldau abtrünnigen Republik Transnistrien, Ioan Leahu befürwortet die derzeitige Politik. Er ist der Ansicht, dass Russland in dieser Frage nicht herausgefordert werden sollte. „Die sterile Neutralität als solche ergibt keinen Sinn. Sie gehört dir. Du allein entscheidest. Du bist neutral oder du ergreifst Partei. Die Politik ist die Kunst des Möglichen. In der gegenwärtigen Situation bestünde die Kunst des Möglichen meines Erachtens darin, keine negativen Signale zu senden. Wer Frau Zaharova (Anmerkung der Redaktion: Maria Zaharova, die Leiterin der Informations- und Presseabteilung des russischen Außenministeriums) aufmerksam zuhört, stellt fest, dass sie jedes Mal einen Vorwand findet, um mit dem Finger auf uns zu zeigen. Wahrscheinlich hat die ganze Aufregung um diese Neutralität einen kurzfristigen politischen Hintergrund. Aber was die Ausarbeitung einer Strategie angeht, so scheint mir, dass die derzeitige Regierung der Republik Moldau im Prinzip berücksichtigt, dass die Neutralität in der Verfassung verankert ist, dass sie aber parallel dazu andere Fragen löst.“
Sicherheitsexperten sind überzeugt, dass bei der Neutralität des kleinen Nachbarstaates Klärungsbedarf besteht. Nach Ansicht des Sicherheitsexperten Igor Munteanu, sollten die Urheber der moldauischen Sicherheitsstrategie den Begriff genauer hinterfragen und definieren. „Jeder Staat kommt letztendlich zu seiner eigenen Interpretation der Neutralität. Neutralität kann die Nichtzugehörigkeit zu einem bestimmten Verteidigungsblock bedeuten, sie kann aber auch einfach die Nichtbeteiligung an aggressiven Aktionen gegen andere Staaten sein. Die Interpretationen liegen recht weit auseinander. Was die Republik Moldau betrifft, so zeugt das Beharren der Russischen Föderation auf deren Neutralität von einer Strategie, die darauf abzielt, die Bevölkerung der Republik Moldau ruhig zu halten, sie zu entwaffnen und seinen Truppen im Vorgriff auf die Ausdehnung des westlichen Raums dort zu halten.“
Das Außenministerium in Chişinău versicherte, dass jegliche internationale Zusammenarbeit und Partnerschaft bisher aufgrund des Verfassungsgrundsatzes der Neutralität der Republik Moldau durchgeführt wurde. Und die Vereinigten Staaten sagte der moldauischen Präsidentin Maia Sandu zu, ihre Hilfe nach dem Bedarf Chişinăus zu bemessen.