Lokalwahlen in Moldau: moskaunahe Sozialisten liegen vorn
Der proeuropäische Premierminister der benachbarten Republik Moldau Chiril Gaburici ist zurückgetreten. Am Sonntag gingen bei Lokalwahlen die moskaunahen Kandidaten als klare Sieger hervor.
Bogdan Matei, 15.06.2015, 15:11
Voriges Jahr galt die Republik Moldau in Westeuropa als vertrauensvoller Partner der Ostpartnerschaft. In den letzten fünf Jahren setzte das rumänischsprachige Land unter Führung der proeuropäischen Regierungen von Vlad Filat und Iurie Leancă wichtige Reformen um. Dies belohnte die Europäische Union mit der Unterzeichnung von Assoziierungs- und Handelsabkommen. Damals erklärten die politischen Anführer des rumänischsprachigen Landes voller Optimismus, dass Republik Moldau im Jahr 2020, möglicherweise wenn Rumänien die EU-Ratspräsidentschaft inne haben wird, der EU beitreten könnte.
Im Herbst 2014 bekommt das Nachbarland Rumäniens aber einen Strich durch die Rechnung. Das proeuropäische Lager, gebildet aus Liberal-Demokraten, Demokraten und Liberalen, erzielte bei den Parlamentswahlen die Mehrheit, die es brauchte, um im Amt zu bleiben. Die Liberalen hatten vorher sehr stark um die Annäherung an Bukarest und Brüssel geworben, nach den Legislativwahlen sind sie doch in die Opposition gegangen und Iurie Leancă ist aus der liberal-demokratischen Partei ausgetreten.
Die Regierungskoalition gebildet aus Liberal-Demokraten und Demokraten wählte erst im Februar 2015 mit den Stimmen der moskaunahen Kommunisten einen neuen Premierminister: den jungen Geschäftsmann Chiril Gaburici. Am Freitag ist Gaburici zurückgetreten. Er zog somit die Konzequenzen aus dem Skandal um ein gefälschtes Abitur-Zeugnis. Laut Ermittlungen der Polizei, habe Gaburici die Unterschrift des Direktors des Gymnasiuns sowie den Stempel auf der Urkunde gefälscht. Seine Regierung wurde für proeuropäisch erklärt, war dennoch wegen Unwirksamkeit und Korruption stark umstritten.
Dutzende Menschen sind mehrmals auf die Straße gegangen, um den Rücktritt der Regierungskoalition zu fordern. Die Demonstranten warfen der Regierung das Verschwinden von einer Milliarde Dollar aus dem Bankensystem des Landes durch dubiose Geschäfte vor. Nicht überraschend war aus dieser Sicht die niedrige Wahlbeteiligung, insbesonders unter Jugendlichen, bei den Lokalwahlen am Sonntag. Dasselbe kann man nicht über die älteren und russlandnahen Wähler sagen.
Im nordmoldauischen Bălţi wurden die Wahlen in der ersten Runde entschieden: Mit mehr als 70% der Stimmen ging der umstrittende Geschäftsmann Renato Usatîi als klarer Sieger aus der Wahl hervor. Usatîi erfreut sich der politischen und finanziellen Unterstützung Moskaus, ist stark populistisch und wird der Verbindungen zur Mafia verdächtigt. Der Geschäftsmann wird dennoch als Bürgermeister die zweitgrößte Stadt der Republik Moldau leiten. Am 28. Juni findet die Stichwahl um das Bürgermeisteramt in der Hauptstadt Chişinău statt, wo ein Drittel der Bevölkerung lebt und eine Hälfte des Bruttoinlandsproduktes des Landes produziert wird. Das Ergebnis der Wahlen spielt daher eine äußerst wichtige geopolitische Rolle.
Im Kampf um das Bürgermeisteramt treten der Liberale Dorin Chirtoacă, promovierter Jurist in Bukarest und die ehemalige kommunistische Premierministerin Zinaida Greceanîi, die nun bei den Wahlen die moskaunahen Sozialisten vertritt. Es handelt sich eigentlich um einen Kampf zwischen Europa und Russland. Vom Wahlergebnis hänge laut Radio România Korrespondenten auch die Wiederherstellung der proeuropäischen Regierungskoalition ab, die die verheerende Bilanz des Kabinetts Gaburici wiedergutmachen könne.