Korruptionsverdächtige Politiker legen Mandate nieder
Parlamentarier ziehen Konsequenzen aus neusten Strafverfahren
Valentin Țigău, 02.04.2015, 13:13
96% der Bürger lehnen laut Umfragen Korruption ab — und doch gilt sie für viele Beobachter in Rumänien als quasi systematisch. Weil viele Bereiche des öffentlichen Lebens betroffen sind, hat sich eine generell negative Wahrnehmung der Gesellschaft durch ihre Bürger etabliert. Der im November 2014 zum Präsidenten des Landes gewählte Klaus Johannis ist offen als Gegner der Korruption aufgetreten und hat sich engagiert, ihr Einhalt zu gebieten. In nur wenigen Monaten hat die Antikorruptionsbehörde in Dutzenden Fällen Ermittlungsverfahren aufgenommen oder Anklage erhoben. Zu den Verdächtigen gehören markante Persönlichkeiten links und rechts des politischen Spektrums — die frühere Präsidentenvertraute und Entwicklungsministerin Elena Udrea, der Bürgermeister des 5. Bukarester Bezirks Marian Vanghelie, oder der Ex-Finanzminister Darius Vâlcov. Heute sitzen sie in Untersuchungshaft
Der Druck der Justiz hat mehrere Mitglieder des Parlaments in Bukarest bewogen, ihre Mandate niederzulegen — so zuletzt Ion Diniţă von der mitregierenden Konservativen Partei (PC) und Dănuţ Culeţu von den opositionellen Liberalen (PNL). Diniţă werfen die Staatsanwälte Bestechung und Beihilfe zu Amtsmissbrauch vor, das Plenum der Abgeordnetenkammer hat bereits dem Antrag der Staatsanwälte auf Zustimmung für seine Untersuchungshaft stattgegeben. Gegen den Liberalen Dănuţ Culeţu erhoben die Ermittler Anklage wegen Amtsmissbrauch zu der Zeit, als der heutige Abgeordnete Präfekt — also oberster Regierungsvertreter — im Landeskreis Constanţa war. Fast zu einem Eklat ist es im Abgeordnetenhaus gekommen, als das Plenum über einen Haftzustimmungsantrag auf dem Namen von Marko Atilla von dem Ungarnverband (UDMR) diskutieren wollte. Marko hatte zuvor sein Mandat per Email niedergelegt, was den Antrag der Staatsanwälte gegenstandslos erscheinen ließ — doch eine Email-Kündigung lässt die Hausordnung der Kammer nicht zu. Dem Politiker von der ungarischen Minderheit wird Amtsmissbrauch vorgeworfen, doch er war seit Dezember letzten Jahres in der ungarischen Hauptstadt Budapest untergetaucht und so einem anderen Haftzustimmungsantrag der Staatsanwälte entgangen. Eine harte Nuss für die Ermittler bleibt der frühere Verkehrsminister Dan Şova. Er durfte seine Immunität nach einer umstrittenen Abstimmung im Senat behalten. Gegen das Ergebnis der Abstimmung sind beim Verfassunsggericht mehrere Beschwerden ergangen, mit denen sich die Richter am 8. April befassen wollen. Die Umwälzungen in der Legislative zeigen, dass ein Wandel in Politik und Mentalitäten sich zwar vollzieht, aber der Prozess eher langwierig ist. Dass das System Widerstand leistet, ist aber ein erstes Zeichen, dass sich etwas bewegt, bemerkte Präsident Johannis unlängst.