Komplizierte Konstellation
Liberale und Sozialdemokraten verzichten auf ihren gemeinsamen Kandidaten und gehen mit eigenen Bewerbern ins Rennen um die Hauptstadt. Unklar ist, wie diese gegeneinander kämpfen sollen, während im Beirkswahlkampf die Zeichen auf Friede, Freude, Eierkuchen stehen.
Ştefan Stoica, 23.04.2024, 14:04
Die Erfolgsgeschichte von Dr. Cătălin Cîrstoiu, renommierter orthopädischer Chirurg und Direktor eines großen Krankenhauses in Bukarest, wird sich zumindest vorerst auf seine medizinische Karriere beschränken. Die Parteien der Regierungskoalition aus PSD und PNL haben seine noch vor kurzem hoch gehandelte Kandidatur für das Amt des Bürgermeisters von Bukarest fallen gelassen. Die Entscheidung fiel am Montagabend nach langen Diskussionen. Cîrstoiu war der perfekte Verlierer: Ihm wurde ein Interessenkonflikt vorgeworfen, nachdem er als Leiter eines öffentlichen Krankenhauses illegal gegen Bezahlung Sprechstunden in der Privatklinik seiner Frau angeboten hatte. Die 10 Prozent, die ihm in den Umfragen zugeschrieben wurden, machten ihn zu einem eher zweitrangigen Kandidaten. Die Koalitionsparteien werden nun getrennt in den Wahlkampf ziehen. Die Sozialdemokraten schicken Gabriela Firea, ehemalige Bürgermeisterin und Vorsitzende des Bukarester Ortsverbandes, ins Rennen, die Liberalen ihrerseits versuchen es mit dem derzeitigen Energieminister und Chef des Hauptstadtverbandes Sebastian Burduja.
Beide Parteien versprechen sich davon eine Mobilisierung der eigenen Wählerschaft. Politischen Quellen zufolge werden sich die beiden Kandidaten im Wahlkampf schonen, d.h. sie werden sich nicht gegenseitig angreifen und einen konstruktiven Wahlkampf führen, der sich auf Lösungen für Bukarest konzentriert. Die Kandidaten für die Wahl der Bezirksbürgermeister und die Listen für die Gemeinderäte bleiben unverändert.
Favoriten sind laut Umfragen der amtierende unabhängige Bürgermeister Nicușor Dan, der von einem Bündnis bürgerlicher Oppositionsparteien unterstützt wird, und der Bürgermeister des 5. Bezirks, der Populist Cristian Popescu Piedone, der für die sozialliberale Humanistische Partei antritt.
Mit Gabriela Firea und Sebastian Burduja am Start wird der Wettbewerb theoretisch noch komplizierter. Firea könnte bei Piedone um Stimmen fischen, Burduja bei Dan, aber die Aufgabe ist gewaltig. Cîrstoiu wurde im politischen Labor der Koalition gerade deshalb ausgeheckt, weil den Kandidaten Firea und Burduja keine wirklichen Erfolgschancen eingeräumt wurden: Firea hatte ein durchwachsenes Mandat hinter sich und würde die liberale Wählerschaft nie überzeugen, Burduja wird selbst von den eigenen Wählern kaum ernst genommen.
Der Verzicht auf eine gemeinsame Kandidatur für Bukarest könnte sich auch auf die Wahlen zum Bürgermeisteramt auswirken, wo die Liste der Koalition in den Umfragen zwar vorne liegt, aber nur einen knappen Vorsprung vor der Liste der Bürgerlichen hat. Sozialdemokraten und Liberale wollen das Bild einer soliden Koalition mit Bündnischancen vermitteln, aber die gegenseitigen Angriffe und jetzt das Fiasko der gemeinsamen Kandidatur für Bukarest gefährden ihre Chancen. Ebenfalls am 9. Juni steht für die Koalition aus PSD und PNL ein wichtiger Test an: die Wahlen zum Europäischen Parlament, für die sie eine gemeinsame Liste vorgeschlagen und sich zum Ziel gesetzt haben, mehr als die Hälfte der Sitze in Rumänien zu gewinnen.