Kommunalwahlen: Sozialdemokraten räumen ab, Liberalen stecken Wahlschlappe ein
Die Rumänen haben am Sonntag ihre Vertreter in der Kommunalverwaltung gewählt. Bei niedriger Wahlbeteiligung und einem einzigen Wahlgang heimste die PSD im Schnitt ca. 40% der Mandate ein.
Florentin Căpitănescu, 06.06.2016, 17:02
Die Kommunalwahlen von Sonntag haben den Trend der letzten Monate bei der rumänischen Wählerschaft bestätigt. Die linksgerichtete Sozialdemokratische Partei (PSD) hat auf nationaler Ebene circa 40% der Sitze erzielt, um über 10% mehr als die Nationalliberale Partei (PNL). Die Nationalliberale Partei hat nach der Wahl ihres Kandidaten zum Staatspräsidenten 2014 Anhänger verloren.
In Bukarest, das eine traditionelle Bastion der bürgerlichen Rechte war, ist diesmal die Sozialdemokratische Partei an die Spitze Bukarests sowie an die Spitze aller sechs Bezirke getreten. Der Sieg der PSD-Kandidatin Gabriela Vrânceanu-Firea im Kampf für das Amt des Oberbürgermeisters bringt eine doppelte Premiere. Gabriela Vrânceanu-Firea, ehemalige Journalistin, hatte eine fulminante politische Karriere, die sich nur auf vier Jahren erstreckt. Firea wird die erste Frau sein, die das Amt des Oberbürgermeisters von Bukarest bekleidet. Gleichzeitig ist sie der erste Kandidat der Sozialdemokratischen Partei, der den bedeutendsten Sitz der rumänischen Kommunalverwaltung gewinnt.
Den zweiten Platz belegt Nicuşor Dan, der in einer Nichtregierungsorganisation tätig ist und sich aktiv in den Kampf gegen die Unregelmäßigkeiten der Bukarester Verwaltung eingebracht hat. Nicuşor Dan traut dem Potential seiner politischen Formation, die er vor kurzem gegründet hat, und sieht sich durch die Wahlergebnisse ermutigt, die Uniunea Salvaţi Bucureştiul“ (USB — Union Rettet Bukarest) künftig landesweit als Union Salvaţi România (Rettet Rumänien) auftreten zu lassen und mit dieser Partei bei den Parlamentswahlen im Herbst anzutreten. Das überraschend gute Abschneiden der USB bei der Bukarester Kommunalwahl geht einher mit der kräftigen Wahlschlappe der mitterechtsgerichteten Nationalliberalen Partei (PNL), des größten Wahlverlierers in der rumänischen Hauptstadt. Die PNL büßt somit für die eigenen Fehler während des Wahlkampfs, insbesondere für die zaghafte Nominierung eines geeigneten Kandidaten für das Amt des Bukarester Oberbürgermeisters — insgesamt viermal tauschten die Liberalen ihren Kandidaten aus. Im Rennen war zuletzt Cătălin Predoiu geblieben, ehemaliger Justizminister und Chef der Bukarester PNL-Filiale. Nach der Wahlniederlage kündigte er seinen Rücktritt von der Spitze der Partei an.
Die meisten Sitze im Bukarester Generalrat (mit Funktion eines Stadtparlaments) gehören der Sozialdemokratischen Partei und seinem Junior-Allierten, der Nationalen Union für den Fortschritt Rumäniens (UNPR), während die Union Salvaţi Bucureştiul (USB) und die Nationalliberale Partei (PNL) die Rolle der Opposition übernehmen werden, so die Beobachter.
Die Wahlbeteiligung bei den Wahlen von Sonntag war besonders in den Großstädten sehr niedrig. In Bukarest gingen nur 33% der Wahlberechtigten zu den Urnen, was die niedrigste Wahlbeteiligung im Land ist, so das Zentrale Wahlbüro. Im Land lag die Wahlbeteiligung durchschnittlich unter 50%, also niedriger als im Jahr 2012. Besorgniserregend ist die Tatsache, dass einige Bürgermeister, die wegen Korruption strafrechtlich verfolgt werden, wiedergewählt wurden. So etwa in Braşov (Kronstadt) und in Craiova, wo George Scripcaru bzw. Lia Olguţa Vasilescu wiedergewählt wurden, oder in Baia Mare, wo der bisherige Bürgermeister Cătălin Cherecheş sogar hinter Gittern steht und trotzdem haushoch gewann.
Emil Boc in Cluj (Klausenburg), Gheorghe Falcă in Arad und Nicolae Robu in Timişoara (Temeswar) zählen zu den Bürgermeistern, die wiedergewählt wurden. Neue Bürgermeister sind in Constanţa, Iaşi und Sibiu (Hermannstadt) gewählt worden. Zum ersten Mal fand die Kommunalwahl in einem einzigen Wahlgang ohne Stichwahl statt. Zivilgesellschaft und Journalisten übten scharfe Kritik an der Aufhebung der Stichwahl — eine geringe Anzahl der Stimmen werde in manchem Fall den zukünftigen Bürgermeistern keine Legitimität verleihen. Gut 250.000 Kandidaten waren ins Rennen um die Bürgermeister- und Stadtrat-Ämter in den knapp 3200 Städten und Gemeinden eingestiegen. Ferner waren bei der Wahl die Sitze in den 41 Kreisräten zu belegen.