Justizministerin übt scharfe Kritik an umstrittenem Gesetzentwurf
Kurz vor der Sommerpause haben Rumäniens Abgeordnete einen neuen Skandal verursacht. Sie verabschiedeten einen umstrittenen Gesetzentwurf, der die Interessenkonflikte aus dem Strafgesetzbuch streichen würde.
Roxana Vasile, 23.06.2016, 14:35
Ein glorreicher Abschluss der Sitzungszeit des Parlaments in Bukarest! Das ist selbstverständlich ironisch gemeint. Es bereits zur Tradition geworden, dass die Parlamentsmitglieder über den Dingen stehen und sich selbst ohne jegliche Form von Anstand Privilegien gewähren. Sie ließen ferner Gesetze durchgehen, die sie vor den Vertretern der Justiz schützen. Das auch in Fällen, in denen sie sich teils offensichtlicher Vergehen schuldig machen und die Justizbehörden der Sache auf den Grund gehen wollen.
Die jüngste fragliche Entscheidung fiel am Mittwoch: Nach dem 21. August 2013 identifizierte Interessenkonflikte sollen demnächst nicht mehr geahndet werden. Das heißt, wer seine Verwandschaft für das eigene Büro angestellt hat, kann nicht mehr bestraft werden. Dafür stimmten 306 Abgeordnete und Senatoren, lediglich eine Enthaltung wurde gezählt. Offenbar wollen sich mit der Maßnahme jene Parlamentarier schützen, die nach den Wahlen im Herbst ihren Sitz im Parlament und damit ihre Immunität verlieren würden.
Ich bedauere die Streichung des Interessenkonfliktes von Parlamentariern aus dem Strafgesetzbuch“ – lautete die Reaktion von Justizministerin Raluca Prună auf ihrer Facebook-Seite. Unlängst wurde ich aufgefordert zu erklären, was ich unter Restauration verstehe. Genau das. In eigenen Worten, eine parlamentarische Tyrannei“ – schrieb Prună noch. Bedauernswerterweise habe es bei der Verabschiedung des Gesetzentwurfs keine Debatte gegeben, dem Vertreter der Regierung sei das Wort nicht erteilt worden, hieß es noch.
Rechtsexperten sprechen von einer Sonderklausel der Straffreiheit für Parlamentarier in diesem Fall. Außerdem hätten sich Abgeordnete und Senatoren das Recht vorbehalten, in Zukunft ihre Verwandtschaft unbehelligt anzustellen. Die Nationale Agentur für Integrität schaltete sich ebenfalls ein. Die Entscheidung vom Mittwoch verstoße einerseits gegen das Strafgesetzbuch, das seit 2003 Interessenkonflikte ahndet. Das Votum der Parlamentsmitglieder würde andererseits die laufenden Verfahren im Falle von Interessenkonflikten nicht behindern. Insgesamt seien 29 Verfahren derzeit anhängig. Darüber hinaus habe die Agentur für Integrität im Zeitraum 2011-2015 56 Fälle von Interessenkonflikten bei Parlamentsmitgliedern identifiziert. Darunter waren 26 strafbar. In den meisten Verfahren gaben die Gerichte der Agentur Recht. Allein 2015 wurden 10 Parlamentsmitglieder aufgrund Interessenkonflikten zu Bewährungsstrafen oder Geldauflagen verurteilt.