Gesetz zur Änderung des Strafvollzugs nimmt erste Hürde
Letztes Jahr ist der rumänische Staat vom EGMR in Strassburg zur Zahlung von insgesamt 1,6 Millionen Euro Entschädigung an Häftlinge verurteilt worden - so schlecht sind die Haftbedingungen in rumänischen Gefängnissen.
Mihai Pelin, 14.03.2017, 16:01
Ende Januar hatte die linksliberale Regierung in Bukarest eine umstrittene Verordnung zur Begnadigung mehrerer Straftaten erlassen – weil die Gefängnisse überbelegt sind, sollten Häftlinge mit Haftstrafen bis zu 5 Jahren – mit Ausnahme von Wiederholungstätern – begnadigt werden. Doch nach heftigem Protest der Gesellschaft musste die Regierung zurückrudern und die Frage dem Parlament überlassen. Am Montag diskutierte der Senat über einen Vorschlag zur Änderung des Strafvollzugsgesetzes. Demnach sollen Gefängnisinsassen, die in unangemessenen Räumen untergebracht sind – also auf weniger als 4 Quadratmeter pro Person leben müssen – monatlich drei Hafttage abgezogen bekommen. Für den Entwurf stimmten sämtliche Fraktionen. Die liberale Senatorin Alina Gorghiu sagte, dass Rumänien somit einen halben Schritt vorwärts zur Lösung einer Grunsatzfrage tut: “Wenn wir nicht jedesmal über neue Vollzuganstalten reden, wenn wir nicht die Maßnahme elektronischer Fußfesseln ernsthaft berücksichtigen, wenn wir nicht klar sagen, dass Wiedergutmachungsklagen nicht die Probleme der Hygiene in den Zellen oder der gesellschaftlichen Wiedereingliederung lösen, dann greifen wir nicht die Grundfrage auf,” meinte Gorghiu.
Ihr Kollege Şerban Nicolae von der PSD sagte, dass die Situation in den Gefängnissen ein echtes Problem bleibe, selbst wenn die Kriminalität abnimmt : “Vor 15 Jahren lag die Zahl der Haftinsassen bei 56.000. Heute sind es noch 28.000. Die Anzahl hat sich also sozusagen von sich selbst halbiert – ohne Begnadigungsgesetz, ohne andere Maßnahmen, ohne Wiedergutmachungsklagen, ohne Fußfesseln oder alternative Strafmaßnahmen,” so Şerban Nicolae.
Der am Montag angenommene Gesetzesentwurf geht nun in die Abgeordnetenkammer, die das Entscheidungsgremium in dieser Frage ist.