Friedliche Proteste gegen Korruption werden in Bukarest mit Gewalt beendet
In Rumänien haben am Wochenende weitgehende Proteste gegen die Regierung stattgefunden. Diese sind ohne bedeutende Zwischenfälle verlaufen, im Gegensatz zu der Kundgebung, die am Freitag in Bukarest stattgefunden hat.
Ştefan Stoica, 13.08.2018, 17:11
Es waren drei Protesttage in Bukarest und in den Großstädten Rumäniens. Die Protestteilnehmer prangerten, wie in den letzten eineinhalb Jahren auch, das was sie als Korruption und Inkompetenz der linksorientierten Regierung, die 2016 an die Macht gekommen ist, bewerten und deren kontroversen Änderungen der Justizgesetze und des Strafgesetzbuches an. Die Demonstranten haben den Rücktritt des von Viorica Dăncilă geführten Kabinetts von PSD — ALDE und die Veranstaltung von vorgezogenen Wahlen gefordert. Am Samstag und Sonntag verliefen die Demos ohne beträchtliche Zwischenfälle. Am Freitag aber, hatte die Großkundgebung, die in Bukarest von Rumänen, die im Ausland leben veranstaltet wurde, denen ihre hier gebliebenen Landsleute beigetreten sind, ein dramatisches Ende. Dieses brachte die Unterdrückung der Demonstrationen in den ersten Jahren der nachkommunistischen Zeit nach der Wende durch die Bergarbeiter in Erinnerung.
Angehetzt von Hooligans, die nichts mit dem Protest der Diaspora zu tun hatten, griffen die Truppen der Gendarmerie auf Kraftmaßnahmen zurück und setzten Tränengas und Wasserkanonen ein, um die Protestteilnehmer zu zerstreuen. Die Nachwirkung — rund 500 Menschen benötigten ärztliche Versorgung, 70 wurden ins Krankenhaus eingeliefert, darunter 11 Gendarmen. Es war ein legitimer, defensiver Eingriff, sagten die Vertreter der Gendarmerie, verteidigt von Innenministerin Carmen Dan. Laut ihr sei der kräftige Einsatz durch die Provokationen der Randalierer gerechtfertigt. Sie sagte, dass die Reaktion des Präsidenten Klaus Iohannis, der über den brutalen Einsatz der Gendarmen gesprochen hat, verfrüht gewesen sei und dass die Generalstaatsanwaltschaft dafür zuständig sei, herauszufinden was passiert ist und wer für die Gewalttaten verantwortlich ist
Der Präsident forderte die Ministerin auf, die Verantwortung für die Art und Weise zu übernehmen, wie sie die Lage während der Proteste verwaltet hat und einen detaillierten Bericht über die Art und Weise vorzulegen, wie und unter wessen Befehl die Einsatzkräfte gehandelt haben. Der Staatschef verurteilte streng die Gewalttaten, unabhängig von wem diese begangen wurden, und forderte die Bestrafung der Schuldigen. Klaus Iohannis ist der Meinung, dass die Gendarmen eine defensive und keine offensive Haltung haben müssen, dass sie die staatlichen Anstalten, die Verfassungsordnung, aber in erster Linie die Bürger schützen müssen.
Der umstrittenste Politiker des Augenblicks, Vorsitztender der Abgeordnetenkammer und der PSD, Liviu Dragnea versicherte den Rumänen, er werde nicht zulassen, dass jemand die Demokratie auflöst, dass jemand die Rechte und Freiheiten des Einzelnen aufhebt, dass jemand das Ergebnis der Wahlen ändert und durch Gewalt die Ordnung im rumänischen Staat umstürzt. Er stufte die Kritik des Präsidenten Iohannis gegen die Gendarmen als unverantwortlich ein und bezeichnete diese als Akt der Untergrabung der staatlichen Autorität. Premierministerin Viorica Dăncilă — selber das Ziel des Sarkasmus der Protestteilnehmer — verurteilte die gewaltsamen Aktionen, über die sie gemeint hat, diese seien von gut organisierten Gruppierungen verursacht worden. PSD forderte den Staatsanstalten zu ermitteln, inwiefern die Gewalttaten von einigen Parteien und politischen Anführern aus der Opposition verursacht worden seien.
Auf der anderen Seite sprach Liberalen-Chef Ludovic Orban über eine vorsätzliche Aktion, während die USR meint, dass die Gendarmen missbräuchlich vorgegangen seien und die Menschen provoziert hätten, anstelle die gewalttätigen Personen aus der Menschenmenge zu extrahieren. Die Bildaufnahmen der Überwachungskameras, der Journalisten und der Protestteilnehmer sowie deren Aussagen deuten auf eine unverhältnismäßige Reaktion der Einsatzkräfte hin. Über 30 Personen ließen sich rechtsmedizinische Bescheinigungen ausstellen und reichten Klagen gegen die Gendarmen, wegen Schläge, Fluche und missbräuchliche Festnahmen ein.