Europas Flüchtlingskrise ist immer schwerer zu bewältigen
Der Quotenvorstoß der Europäischen Kommission wird in den Nationalstaaten unterschiedlich ausgelegt. Rumänien hält daran fest, nicht mehr Menschen als ursprünglich mitgeteilt aufzunehmen.
Valentin Țigău, 10.09.2015, 17:22
Die EU-Mitgliedsländer erwecken zuweilen den Eindruck, mit dem Ansturm der Flüchtlinge einfach nicht mehr fertig zu werden. Eine Fähre mit 2.500 Menschen an Bord hat zwar mit dem Segen der griechischen Regierung die Insel Lesbos mit Ziel Athen verlassen, aber in Ungarn sind mehrere Autobahnen abgeriegelt worden, während die Armee sich auf mögliche Gewaltausbrüche an der südlichen Grenze vorbereitet. Die dänische Eisenbahn DSB hat am Mittwoch den Zugverkehr zwischen Dänemark und Deutschland eingestellt, nachdem die Polizei Hunderte Migranten in Zügen gestoppt hat. Die Europäische Kommission ist sich des zunehmenden Drucks bewusst — ihr Präsident, der Luxemburger Jean-Claude Juncker, hat den Mitgliedsstaaten verlangt, die Quotenreglung zur Aufteilung von 160.000 Flüchtlingen zu akzeptieren. Wir haben die nötigen Mittel, um den Menschen auf der Flucht vor Krieg, Terror und Unterdrückung zu helfen, sagte Juncker. Ihm zufolge versuchen seit Jahresanfang rund 500.000 Menschen nach Europa zu gelangen. Der Verteilungsschlüssel der Kommission berücksichtigt die Bevölkerungsstärke des jeweiligen Landes, seine Wirtschaftsleistung, die Anzahl der Asylanträge und die Arbeitslosigkeit. Auf Deutschland sollen mehr als 30 Tausend Flüchtlinge kommen, auf Belgien 4.500, auf Schweden in etwa gleich so viele. Bulgarien soll 1.600 empfangen. Auf Tschechien entfallen schließlich 3.000 — falls die Regierung in Prag das Quotensystem überhaupt akzeptiert. Denn die BBC berichtet auf ihrer Internetseite, dass vier Länder aus Mitteleuropa — Tschechien, die Slowakei, Rumänien und Polen die Idee ablehnen. Rumänien sollte zusätzlich zu den 1785 akzeptierten weitere 4.646 Flüchtlinge aufnehmen — insgesamt also über 6400 Menschen. Doch die Behörden halten daran fest, nicht mehr als die vereinbarten 1.785 aufnehmen zu können. Die Aufnahmefähigkeit per se gibt die Grenzen der Solidarität vor, so Premierminister Victor Ponta:
“Wir können 1.786 aufnehmen, wobei 200 Plätze schon belegt sind. Es ist besser, die Wahrheit zu sagen und klar zu melden, was Rumänien tun kann — keine Pflichtquoten also, sondern freiwillig akzeptierte”, so der Regierungschef in Bukarest.
Das ist auch der Ausgangspunkt für das Mandat bei den künftigen Verhandlungen zum Thema, die Position soll nächste Woche nach dem Treffen des Obersten Verteidigungsrates endgültig abgeklärt werden. Schon am Montag sollen aber die Innenminister der Union über die Vorschläge der Europäischen Kommission diskutieren — je nachdem, was die Innenministerkonferenz an Ergebnissen produziert, könnten später die europäischen Staats- und Regierungschefs zu einem außerorentlichen Treffen zusammenkommen.