Europäischer Mindestlohn: Rumänien weit unter europäischem Durchschnittslohn
Rumänien muss bis 15. November dieses Jahres den europäischen Mindestlohn einführen und damit eine entsprechende Richtlinie der EU umsetzen. Die rumänische Regierung hofft damit, das Lohngefälle zwischen Rumänien und dem EU-Durchschnitt zu reduzieren.
Daniela Budu und Sorin Georgescu, 17.06.2024, 14:07
In Rumänien sind die Bruttomindestlöhne auf einem der niedrigsten Niveaus in der Europäischen Union – Eurostat-Daten zeigen, dass rumänische Arbeitnehmer den zweitniedrigsten durchschnittlichen Stundenlohn in der EU erhalten – 10,40 €, weit entfernt vom europäischen Durchschnitt von 24 € pro Stunde. Im Vergleich dazu wird eine Stunde Arbeit in Luxemburg fast fünfmal besser bezahlt als in Rumänien.
Den Statistiken zufolge ist der durchschnittliche Stundenlohn in Rumänien in den letzten Jahren zwar gestiegen, doch im Verhältnis zu den Preiserhöhungen nicht wesentlich. Experten sagen, dass diese Lohnerhöhungen in den meisten Fällen für die Arbeitnehmer kaum spürbar waren und in Wirklichkeit nur die Preissteigerungen ausglichen. Nach Angaben des Nationalen Instituts für Statistik (INS) lag der durchschnittliche Nettolohn im Februar bei umgerechnet etwa 975 € – das sind um 14 % mehr als im gleichen Monat des Jahres 2023.
In diesem Jahr dürfte sich die prekäre Einkommenslage vieler Arbeitnehmer jedoch ändern, denn Rumänien wird den europäischen Mindestlohn einführen, und gemäß der EU-Richtlinie muss der Mindestlohn in den Mitgliedsstaaten mindestens 50 % des Durchschnittseinkommens betragen. Derzeit beträgt der Bruttomindestlohn in Rumänien umgerechnet rund 660 € und er wird ab dem 1. Juli auf ca. 740 € angehoben. Da das Gehalt, das bei der Berechnung des staatlichen Sozialversicherungshaushalts für 2024 berücksichtigt wird, mehr als 1 500 € beträgt, dürfte die Bedingung des Verhältnisses Mindestlohn/Durchschnittsgehalt eingehalten werden.
Die Einführung des europäischen Mindestlohns ist jedoch an weitere Bedingungen geknüpft. Die Regierungen der Mitgliedstaaten sind verpflichtet, Tarifverhandlungen über Löhne und Gehälter zu fördern, den Mindestlohn entsprechend dem Verhältnis zwischen Mindest- und Durchschnittslohn zu aktualisieren und zu indexieren sowie Daten über Löhne und Gehälter zu sammeln und der Europäischen Kommission zu melden. Unter Bezugnahme auf die europäische Richtlinie, die in Rumänien bis zum 15. November umgesetzt werden muss, sagte Premierminister Marcel Ciolacu, dass die rumänischen Löhne so nah wie möglich am europäischen Durchschnitt liegen werden:
„Das Projekt zur Einführung des europäischen Mindestlohns in Rumänien ist für die Öffentlichkeit transparent gemacht worden; Ziel ist es, dass die Menschen hierzulande anständige Arbeitsplätze bekommen und für die geleistete Arbeit nahe dem europäischen Durchschnitt bezahlt werden. Das erwarten die Menschen auch von der Regierung: einen besseren Lebensstandard und faire Preise.“
Die EU-Mindestlohnrichtlinie wurde im Jahr 2022 vom Europäischen Parlament verabschiedet. Sie verpflichtet die EU-Länder mit gesetzlichen Mindestlöhnen, dafür zu sorgen, dass die Einkünfte aus geleisteter Arbeit ein menschenwürdiges Leben ermöglichen. Offizielle Statistiken zeigen, dass der monatliche Bruttomindestlohn in vielen EU-Ländern unter 1 000 Euro liegt, in einigen sogar unter 750 Euro. Die meisten EU-Länder haben bereits nationale Mindestlöhne eingeführt. In Österreich, Dänemark, Finnland, Italien und Schweden werden die Mindestlöhne durch Tarifverträge festgelegt, während in Zypern gesetzlich verankerte Gehälter für bestimmte Berufe gelten.