Entscheidungen über große Infrastrukturprojekte
Die liberale Regierung in Bukarest hat beschlossen die großen Infrastrukturprojekte den Fachministerien zu übertragen.
Roxana Vasile, 29.01.2020, 16:32
Mehr als 30 Jahre nach der antikommunistischen Revolution und fast 13 Jahre nach dem EU-Beitritt Rumäniens führt immer noch keine Autobahn durch die Karpaten. Ende 2019 hatte Rumänien nur 850 Kilometer Autobahn, 100 km davon waren zur Zeit Ceasescu gebaut worden. Einige wenige, mit Mühe und Not gebaute Autobahnabschnitte verbinden Rumänien mit den Nachbarstaaten, anstatt den Menschen eine schnellere Anreise in die Landeshauptstadt Bukarest zu ermöglichen oder ihnen die Fahrt an die Küste zu erleichtern. Dahinter steht die Gleichgültigkeit der Politiker, Bürokratie, aber auch das Auswahlverfahren der Bauherren, die gelinde gesagt, ihren finanziellen Gewinn optimieren wollen. Laut Statistik haben Liberale und Sozialdemokraten nach der Revolution von 1989 zu gleichen Teilen das Land regiert, entweder allein oder in Regierungskoalitionen. Keine der beiden Parteien kann jedoch dem Bau von Autobahnen vorzeigen. Stattdessen geben sie sich gegenseitig die Schuld, zumeist mit wahlstrategischen Behauptungen. Seit 2016, als sie in die Opposition gingen, kritisierten die Nationalliberalen die Sozialdemokraten scharf und warfen ihnen Inkompetenz vor. Im vergangenen Jahr nahm die ehemalige linke Regierung Verhandlungen über öffentlich-private Partnerschaften für den Bau von zwei Autobahnen auf. In einem Fall erhielt den Zuschlag ein chinesisch-türkischer Konzern, im anderen Fall hatten Unternehmen aus beiden Staaten, die in ihren Heimatländern, aber nicht in der Europäischen Union, große Bauvorhaben durchführen, Angebote abgegeben. Nach der Machtübernahme im vergangenen Jahr haben die Liberalen einen anderen, und zwar besseren Ansatz versprochen. Dementsprechend sind, laut einem Beschluss der liberalen Regierung vom vergangem Dienstag, die öffentlich-privaten Partnerschaften vom Tisch. Premierminister Ludovic Orban erklärte:
Unser Ziel ist klar: Wir werden alle laufenden Verfahren einstellen und diese Projekte den zuständigen Ministerien übertragen. Das Verkehrsministerium wird beispielsweise alle Verkehrsinfrastrukturprojekte übernehmen, während andere Fachministerien, andere Projekte übernehmen. Sie sind beauftragt ihre Umsetzungspläne innerhalb einer ein wöchigen Frist abzugeben, sodass wir über jeden Verfahrensschritt, den wir durchführen müssen, die Planung jeder einzelnen Projektphase und die Mittel, die wir für diese Projekte bereitstellen müssen, informiert sein werden, erklärte Premierminister Ludovic Orban.
Die Sozialdemokraten werfen den Liberalen nun vor, das Land 10 Jahre zurückzuversetzen, indem sie Machbarkeitsstudien vorschlagen, anstatt die Bauarbeiten für die beiden Autobahnen aufzunehmen. Der Direktor der Vereinigung Pro Infrastructura, Ionut Ciurea, hat kürzlich geschätzt, dass Rumänien in diesem Jahr höchstens lediglich 57 Kilometer neue Autobahn haben könnte, wenn man bedenkt, dass 2019 nur 43 Kilometer Autobahn gebaut wurden.