Ende und Neuanfang für die Sozialdemokratische Partei?
Liviu Dragnea wurde als allmächtiger Chef der Sozialdemokratischen Partei erneut in seinem Amt bestätigt. Die Probleme der wichtigsten Regierungspartei sind aber bei weitem nicht verschwunden.
Bogdan Matei, 24.09.2018, 17:15
Ein zerbrechlicher Frieden herrscht in den Reihen der Sozialdemokratischen Partei, der wichtigsten Partei der linksgerichteten Regierung in Bukarest. Das nachdem am Freitagabend bei der Sitzung des Exekutivrates Parteichef Liviu Dragnea das Vertrauensvotum, das er von seinen Kollegen gefordert hatte, deutlich gewann. Vor der Sitzung war ein offener Brief veröffentlicht worden, in dem einige Parteiprominente den Rücktritt Dragneas, einschließlich aus dem Amt des Präsidenten der Abgeordnetenkammer forderten.
In einer regelrechten politischen Anklage behaupteten die Generalbürgermeisterin der Hauptstadt Gabriela Firea, Vizepremierminister Paul Stănescu und der ehemalige Verteidigungsminister Adrian Ţuţuianu, dass die Rechtslage Dragneas zur Hauptempfindlichkeit der Sozialdemokratischen Partei vor den Europawahlen und den Präsidentschaftswahlen vom nächsten Jahr und vor den Lokal- und Legislativwahlen von 2020 geworden sei. Die Unterzeichner des Briefes forderten außerdem, dass Premierministerin Viorica Dancilă, Exekutivleiterin der PSD, die Parteiführung interimistisch bis zur Organisierung eines außerordentlichen Kongresses sichert.
Der bereits in einem strafrechtlichen Verfahren zu einer Bewährungsstrafe verurteilte Dragnea wartet auf das rechtskräftige Urteil in einer anderen Sache. Seine Akten, währt sich der eiserne Mann der Macht, seien politisch und unprofesionell zusammegestellt worden, was seiner Meinung nach jedem rumänischen Bürger passieren könnte. Erholt durch die Abstimmung im Exekutivrat fügte Dragnea hinzu, dass er keine weiteren Treffen der Parteiführung möchte, bei denen keine wichtige Angelegenheiten besprochen werden. Die lauteste und sichtbarste seiner Gegner, Gabriela Firea, glaubt hingegen, dass der große Gewinn des freitägigen Treffens jener sei, dass zum ersten Mal in der PSD die Probleme offen, ehrlich und mit logischen Argumentierungen besprochen wurden.
Es müssten, so die Sozialdemokraten, mindestens zwei Wochen vollkommenen Einvernehmens folgen. Denn am 6. und 7. Oktober findet das Referendum zur Neudefinition der Ehe in der Verfassung, dessen Organisierung von der PSD und der Mehrheit der anderen parlamentarischen Fraktionen unterstützt wurde. Erst danach könnte eine eventuelle Umbildung des Dăncilă-Kabinetts besprochen werden. Dieser sei auch ein exzellenter Anlass, so Politikbeobachter, dass Vizepremierminister Stănescu für die Anfechtung Dragneas mit der Entlassung aus der Regierung bestraft werde. Darüber hinaus, sagen die Analysten, wird der PSD-Vorsitzende gleich nach dem Referendum einen neuen Gerichtstermin haben, der in seinem Verfahren beim obersten Gerichtshof entscheidend sein könnte.
Nach Meinung des Ex-Präsidenten Rumäniens, Traian Băsescu, heute Senator der Volksbewegung (PMP), habe man Firea, Stănescu und Ţuţuianu etwas Wichtiges zu verdanken: Sie haben der Opposition und der Presse eine unterzeichnete politische Urkunde zur Verfügung gestellt, mit der die PSD von Morgen bis Abend angegriffen werden kann, und sie haben Dragneas Position stark geschwächt“. Es sei, höhnt die Presse, ein schwacher Trost für alle drei mitterechtsorientierten Oppositionsparteien PNL, USR und PMP, die immer noch unfähig seien, sich zumindest über den Zeitpunkt zu einigen, an dem sie einen Misstrauensantrag gegen die PSD-ALDE-Regierung einreichen wollen.