EGMR fällt Urteil in der Affäre Kövesi
Der EGMR hat der Klage der früheren Chefanklägerin der rumänischen Antikorruptionsbehörde, Laura Codruţa Kövesi, stattgegeben – durch ihre Absetzung wurde sie in ihren Grundrechten verletzt.
Daniela Budu, 06.05.2020, 14:14
Die Straßburger Richter befanden, dass der rumänische Staat der damaligen Behördenleiterin der Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft gegen Korruption, Laura Codruţa Kövesi durch die vorzeitige Entlassung Unrecht zugefügt hat. Sie habe gegen die willkürliche Absetzung keine Rechtsbehelfe gehabt, stellte der EGMR fest. Kövesi klagte in Straßburg, dass bei der Absetzung durch Präsident Klaus Iohannis im Juli 2018, zu der er von einer Entscheidung des Verfassungsgerichts gezwungen wurde, zwei Grundrechte verletzt worden waren. Zum Einen der Anspruch auf ein gerechtes Verfahren, da sie nicht die Möglichkeit hatte, rechtliches Gehör vor einem Gericht zu erlangen, zum anderen die Meinungsfreiheit — den Antrag zur Entlassung hatte Justizminister Tudorel Toader gestellt, nachdem Kövesi als Chefin der Antikorruptionsbehörde offen die Strafrechtsreformen der PSD Regierung gerügt hatte.
Laura Codruța Kövesi, die heute die EU-Staatsanwaltschaft EPPO leitet, sagte nach dem Urteil aus Straßburg, dass es jetzt Konsequenzen geben müsste und dass das Verfassungsgericht in Bukarest Grundsatzbeschlüsse und keine Personalentscheidungen treffen sollte. Kövesi fand, dass das Urteil des EGMR ein Sieg aller sei, die in den letzten Jahren die Justiz unterstützt hatten.
Präsident Klaus Iohannis bezeichnete das Urteil als beispiellos, das Verfassungsgericht sei verpflichtet, nicht nur die Entscheidung in Sachen Kövesi zu überprüfen, sondern auch alle anderen Urteile, die aufgrund einfacher — und sei es auch politischer – Äußerungen getroffen wurden. Die Glaubwürdigkeit des Verfassungsgerichts sei stark erschüttert, fügte Iohannis hinzu.
Premierminister Ludovic Orban meinte seinerseits, dass das Verfassungsgericht nun kompromittiert sei — die Zusammensetzung und die Arbeitsweise des Gremiums müssen nun geprüft werden. Der Sprecher der PSD, Lucian Romaşcanu, erklärte, dass das Urteil aus Straßburg ein Verfahren rügt, die Partei treffe dabei keine Schuld.
Der Präsident des Verfassungsgerichts, Valer Dorneanu behauptete seinerseits, dass bei der objektiven Betrachtung des EGMR-Urteils zu Kövesis Absetzung keine Kritik am Verfassungsgericht zu erkennen sei.
Der Fall sorgt auch international für Schlagzeilen: New York Times schreibt, dass die Entlassung Kövesis offenbar unrechtmäßig war. „Sie war damals der Höhepunkt der Schachzüge der PSD-Regierung für die Änderung des Strafrechts und die Absetzung der leitenden Staatsanwälte, was zu massiven Straßenprotesten und zur Alarmierung der Europäischen Kommission führte”, so die NYT. Aus London schreibt die Publikation Emerging Europe, die nur einige Tage früher Kövesi zur Persönlichkeit des Jahres 2020 erklärt hatte, dass „der Sieg der Antikorruptionsheldin in Straßburg das rumänische Verfassungsgericht in ein unerwünschtes Scheinwerferlicht rückt“.
Emerging Europe merkt an, dass Kövesi keine Entschädigung gefordert hatte und dass nach dem Urteil im Zusammenhang mit der Unabhängigkeit und Glaubwürdigkeit des Verfassungsgerichts große Zweifel bestehen.