Die öffentlichen Renten in der Diskussion
Der Druck auf das öffentliche Rentensytem in Rumänien ist groß, die Diskusion darüber ist neu entfacht.
Ştefan Stoica, 09.01.2020, 16:35
Fünf Millionen Rentner bei insgesamt nur 9 Millionen Arbeitnehmer, ein stetiger Bevölkerungsrückgang, ein chronischer Arbeitskräftemangel, der durch die Abwanderung der Jugend angeheizt wird, und nicht zuletzt ein öffentliches Rentenbudget das immer in den roten Zahlen liegt, das häufige Kredite erfordert, sind Elemente, mit denen Rumänien mittel- und langfristig schlecht aufgestellt ist.
Nach dem Abtritt der sozialdemokratischen Regierung und der Machtantritt der Liberalen rückten Debatten über eine groß angelegte Reform des öffentlichen Rentensystems in den Vordergrund. Die Ministerin für Arbeit und Sozialschutz, Violeta Alexandru bestätigte für den öffentlichen Radiosender, dass die Möglichkeit eines Gesetzentwurfs analysiert wird, der es den Arbeitnehmern ermöglichen soll, sich für eine Verlängerung des Renteneintrittsalters von derzeit 65 auf 70 Jahre zu entscheiden. Ein so heikles Thema wird mit allen Akteuren ausführlich diskutiert, versprach die Arbeitsministerin:
Violeta Alexandru: Ich persönlich habe keinen Zweifel daran, dass dieses Thema angesichts der Erkenntnisse, die ich von den Rentnern erhalte, eine umfassende gesellschaftliche Debatte erfordert. Einige von ihnen sind sich bewusst, dass ein aktives Leben und eine verlängerte Erwerbstätigkeit mit Leistungen im Sinne höherer Renten verbunden sind und haben das Gefühl, länger arbeiten zu müssen, während andere beabsichtigen, noch früher in den Ruhestand zu gehen, als es das Gesetz vorsieht. Deshalb ist eine Diskussion notwendig. Auf jeden Fall wird eine solche Diskussion nicht davon ausgehen, dass die Menschen gezwungen werden, länger zu arbeiten, sondern sie wird versuchen, den Menschen die Wahl zu lassen, ob sie früher in Rente gehen wollen oder nicht“.
Die Zukunft der öffentlichen Rentensysteme ist ein Anliegen in ganz Europa. Laut Arbeitsministerin gibt es EU-Mitgliedsländer, in denen es eine andere Lebenserwartung als in Rumänien gibt und in denen aktive Maßnahmen gefördert werden, einschließlich einer Anhebung des Renteneintrittsalters. Gleichzeitig gibt es aber auch Länder, in denen die Dinge in dieser Hinsicht noch nicht klar seien.
In Rumänien werden die Rentenleistungen im September um 40 % steigen, eine Anhebung, die von der früheren linken Regierung eingeführt wurde und die Experten angesichts der Aussicht auf schwere Haushaltsungleichgewichte erschauern lässt. Der Gouverneur der Nationalbank, Mugur Isarescu, sagte, solange die Wirtschaft um 4 % wächst, könne man nicht einfach hingehen und die Renten um 40 % erhöhen.
Violeta Alexandru: Das Geld dafür ist vorgesehen. Es geht nicht so sehr um die Auswirkungen auf den Haushalt, sondern vielmehr um eine Entscheidung, die wir getroffen haben, nämlich die Entscheidung, das Gesetz zu befolgen. Uns beschäftigt jedoch die Frage, wie die Sozialdemokratische Partei sich dafür entscheiden konnte, Gesetze nur zu Wahlzwecken zu erlassen, ohne die Signale zu berücksichtigen, die von denjenigen ausgingen, die die wirtschaftliche Entwicklung Rumäniens überwachen und die wissen, dass große, plötzliche Sprünge dieser Art nicht ratsam sind“.
Die liberale Regierung kündigte unterdessen Pläne an, die Beiträge zu privat geführten Pensionsfonds auf 6 % zu erhöhen. Bisher haben diese Fonds gute Renditen erzielt, sodass die private Altersvorsorge ein Stabilitätspfeiler in einem Meer von Unsicherheiten bezüglich der staatlich verwalteten Renten ist.