Die neue alte Regierung von L. Orban
Rumänien hat eine neue liberale Regierung unter Ludovic Orban.
Roxana Vasile, 16.03.2020, 14:18
In Bukarest hat die Coronavirus-Pandemie die politischen Strategien auf höchster Ebene verändert und die bizarrsten Situationen hervorgerufen. Nach dem Sieg bei den Europa- und Präsidentschaftswahlen 2019 waren das Staatsoberhaupt Klaus Iohannis und die ihn unterstützende Nationalliberale Partei entschlossen, diesen Sommer vorgezogene Parlamentswahlen einzuberufen, die wahrscheinlich gleichzeitig mit den Kommunalwahlen stattgefunden hätten. Nach der Absetzung der sozialdemokratischen Regierung im Oktober 2019 durch ein Misstrauensvotum hätte im Einklang mit der liberalen Strategie der Versuch folgen sollen, eine komfortable Mehrheit im Parlament zu gewinnen,die ihnen bei der Umsetzung ihres Regierungsprogramms helfen sollte.
Unzufrieden mit der Arbeit der liberalen Regierung reichten die Sozialdemokraten, die seit November in der Opposition waren, einen Misstrauensantrag ein, der vom Parlament angenommen wurde. Nach der Entlassung der liberalen Regierung und ihres Vorsitzenden erwägten das Staatsoberhaupt und die Liberalen die Möglichkeit, vorgezogene Parlamentswahlen einzuberufen. Folglich nominierte Präsident Iohannis erneut Ludovic Orban für die Bildung einer neuen Regierung. Die Abstimmung im Parlament wurde aufgrund der mangelnden Beschlussfähigkeit nicht durchgeführt.
Dann gab Ludovic Orban den Premierministerauftrag zurück. Das Staatsoberhaupt ersuchte daraufhin den Liberalen Florin Cîțu, eine Regierung zu bilden. Am vergangenen Donnerstag beschloss auch Florin Citu zur Überraschung vieler, sich dieser Verantwortung zu entziehen – eine knappe halbe Stunde vor der fast sicheren Bestätigung seiner Regierung.
In der Zwischenzeit war die wachsende Zahl der Infektionen mit dem Coronavirus immer beunruhigender geworden, und Rumänien hatte keine Regierung mit vollen Befugnissen, die in der Lage war, die notwendigen Maßnahmen zur Bewältigung der Krise zu ergreifen. Vor diesem Hintergrund kündigte Präsident Iohannis am Freitag nach einer Videokonferenz mit den politischen Parteien an, dass er Ludovic Orban erneut als Premierminister nominiert hat. Wir müssen uns zu 100 Prozent auf die Bekämpfung der Epidemie konzentrieren, sagte Iohannis und fügte hinzu, er habe das Versprechen der politischen Parteien, die Einsetzung der neuen Regierung nicht zu blockieren.
Diese neue Regierung wurde am Samstag vom Parlament mit 286 Ja-Stimmen, 23 Nein-Stimmen und 1 Enthaltung bestätigt. Ironischerweise waren die Stimmen der Sozialdemokraten, die die erste von Orban geführte Regierung abgesetzt hatten, entscheidend für die Bestätigung der neuen Regierung, da eine Reihe von liberalen Abgeordneten nach dem Kontakt mit einem ihrer Kollegen, Senator Vergil Chitac, der mit dem Coronavirus infiziert war, selbst in der Isolation waren. Die Presse hatte keinen Zugang zu der Abstimmung, die in einem desinfizierten Raum stattfand, wobei die Abgeordneten Masken und Handschuhe trugen. Am Samstagabend kam Premierminister Ludovic Orban aus der Selbstisolierung heraus und ließ sich vor Präsident Klaus Iohannis vereidigen. Der Premierminister trug eine Maske und hielt einen Sicherheitsabstand von 5 m zum Staatsoberhaupt ein. Da die Pandemie höchste Priorität hat, werden die Parlamentswahlen höchstwahrscheinlich planmäßig im Herbst stattfinden.