Die NATO und die Lage in der Ukraine
Die Nordatlantische Allianz hat ihre militärische Präsenz in den Mitgliedsstaaten im Schwarzmeerraum und im Baltikum verstärkt; Grund dafür ist die gespannte Lage in der Ukraine.
Ştefan Stoica, 07.05.2014, 15:15
Die gravierende Ukraine-Krise, die zur Zeit minimale Lösungschancen hat, führte zu einer ungewöhnlich starken Mobilmachung der Nordatlantischen Allianz. Nach der Annektierung der Halbinsel Krim durch Russland und der Erweiterung der pro-russischen Separatistenherde im Osten und im Süden der Ukraine sah sich die NATO gezwungen, Bewegungen zur Sicherung der Alliierten im Schwarzmeerraum und im Baltikum zu unternehmen.
Der NATO-Generalsekretär, Anders Fogh Rasmussen, sagte am Dienstag bei einem Treffen mit dem japanischen Ministerpräsidenten, Shinzo Abe, die Nordatlantische Allianz hätte bereits die Luftpolizeimissionen in den baltischen Staaten verstärkt und Überwachungsflüge über Polen und Rumänien geführt. Verstärkt wurde auch die Präsenz der NATO-Seekräfte im Schwarzen Meer, und weitere NATO-Schiffe sind auf dem Weg ins Baltikum. Etwa 6.000 NATO-Soldaten beteiligten sich am größten Manöver der postsowjetischen Geschichte Estlands, in der Nähe der Grenze zu Russland. Wenn die Situation in der Ukraine schlechter wird, werden auch weitere Schritte unternommen. Sollte es notwendig sein, wird die Nordatlantische Allianz zusätzliche Maßnahmen zum Schutz ihrer Alliierten treffen, erklärte Anders Fogh Rasmussen:
„Wir haben ein Paket von militärischen Maßnahmen beschlossen, um unsere gemeinsame Verteidigung zu stärken und um die Stärke der Bündnissolidarität zu bekräftigen. Wir werden mehr Flugzeuge in der Luft haben, mehr Schiffe im Wasser und wir werden auf dem Land eine erhöhte Bereitschaft haben. Falls nötig, werden in den kommenden Wochen und Monaten weitere Maßnahmen folgen.“
Die Erklärungen des politischen Leiters der Allianz werden durch die Erklärungen des militärischen NATO-Chefs bekräftigt. Die Nordatlantische Allianz überlege die Möglichkeit einer ständigen Stationierung von NATO-Truppen im Osten Europas, auf dem Hintergrund der steigenden Spannungen zwischen Russland und der Ukraine, sagte, ebenfalls am Dienstag, der Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte, General Philip Breedlove. Die Allianz habe ein kurzfristiges Turnusprogramm für das Personal und die militärischen Ausrüstungen in Osteuropa, das bis Ende 2014 finalisiert wird, aber die NATO-Maßnahmen werden ausschließlich defensiv und haben nicht die Absicht, Russland zu provozieren, sagte noch der NATO-Oberbefehlshaber.
Der Ukraine-Konflikt droht die Lage in der Region zu destabilisieren und er wird nicht nur die Sicherheit und die Stabilität in der euroatlantischen Zone gefährden, sondern auch zu Unsicherheit in Asien und im Pazifikum führen. Aus diesem Grund unterzeichneten der NATO-Generalsekretär und der japanische Ministerpräsident ein Abkommen zur Verstärkung der bilateralen Partnerschaft.
Laut Kommentatoren in Brüssel würden ein verlängerter Konflikt in der Ukraine und stärkere militärische Einsätze Russlands in diesem Land auch das Kräftegleichgewicht in Asien beeinflussen. In letzter Zeit hatte Japan eine Annäherung an Russland als Gegengewicht zum steigenden Einfluß Chinas in der Region bedacht. Die Ukraine-Krise brachte nun Japan dazu, seine Annäherungsstrategie an Moskau zu umdenken; die Behörden in Tokyo schließen sich bereits dem Westen und seinem Sanktionenpaket gegen Russland an.