Die bedeutendste orthodoxe Pilgerfahrt in Rumänien
Die Wallfahrt zu Ehren der heiligen Parascheva, die als Schutzpatronin der Moldau gilt, findet derzeit in Iaşi statt.
Roxana Vasile, 10.10.2022, 16:32
Alle Weltreligionen — ob Islam, Judentum, Buddhismus oder Hinduismus — kennen mindestens eine bedeutende Wallfahrt. Das Christentum hat viele von dieser Art von Bekenntnis. Zu den bekannten christlichen Pilgerstätten gehören Jerusalem, Rom, Santiago de Compostela, Lourdes und der Berg Athos.
In dem mehrheitlich orthodoxen Land Rumänien beginnt jedes Jahr im Oktober die Saison der bedeutendsten Wallfahrten, mit der nach Iaşi, in die Hauptstadt der Moldau. Die Wallfahrt zum Schrein mit den Reliquien der Heiligen Parascheva, der Schutzpatronin des östlichen Landesteils Rumäniens, zählt zu den großen religiösen und sozialen Mega-Phänomenen. Hunderttausende von Menschen nehmen sie jedes Jahr auf. Die Motivation der Pilger ist dieses Jahr größer als sonst, weil viele zwei Jahre lang aufgrund der Coronapandemie nicht oder nicht wie gewohnt pilgern konnten.
Während in der katholischen Kirche die Anstrengung, die man auf sich nehmen muss, um den Weg zu den heiligen Überresten eines oder einer Heiligen zu Fuß zurückzulegen, von Bedeutung ist, haben die orthodoxen Wallfahrten andere Merkmale. Die Menschen stehen Schlange (in Iaşi kilometerlang und warten Dutzenden von Stunden) und sobald sie die Reliquien der Heiligen erreichen, beten sie sie an und berühren sie, in einem möglichst direkten Kontakt mit diesem. Die Pilgernden kommen aus allen Altersgruppen, es sind sowohl Frauen als auch Männer, sie entstammen allen Gesellschaftsschichten. Sie kommen größtenteils aus Rumänien.
In den Augen der Nichtgläubigen sind Pilgerfahrten Anachronismen der Postmoderne. Nach Ansicht von Forschern auf diesem Gebiet sind Pilgernde seit jeher mit einem Stigma behaftet. In der jahrtausendelangen Geschichte der rumänischen Orthodoxie sind Wallfahrten wie die zur Heiligen Parascheva jedoch eine relativ junge religiöse Praxis. Sie entstanden Ende der 1990er-Jahre, nach dem Fall des Kommunismus, als einige Menschen anstelle des zusammengebrochenen Systems das Bedürfnis verspürten, ihrer Existenz einen Sinn und eine Richtung zu geben. Einige fanden diese in Pilgerreisen. Der Wallfahrt in Iaşi, die kurz nach dem 14. Oktober endet, folgen andere in Bukarest. Zu den bekannten Wallfahrtsorten zählen Cernica in der Nähe der Hauptstadt, Nicula im Herzen Siebenbürgens und Curtea de Argeș im Süden Rumäniens.