Die Arbeitsmarktsituation in Rumänien
Experten sagen, dass die rumänische Wirtschaft weitere 1 Million Beschäftigte benötigt.
Bogdan Matei, 03.12.2019, 16:58
Nach Jahren des stetigen Wachstums benötigt die rumänische Wirtschaft
weitere Arbeitskräfte. Die Arbeitslosenquote lag im Oktober bei knapp unter 3
%, damit ist diese gegenüber dem gleichen Monat 2018 und gegenüber September
dieses Jahres zurückgegangen. Die Gesamtzahl der Arbeitslosen liegt bei etwas
unter 260.000, von denen die meisten Menschen in ländlichen Gebieten leben,
über 40 Jahre alt sind und keine oder nur eine Grundausbildung haben. In
Bukarest, eines der dynamischsten Städte des Landes, sank die Arbeitslosenquote
auf annähernd 1,3 %, nämlich etwas mehr als 15.000 Menschen. Andererseits
planen über die Hälfte der rumänischen Unternehmen, ihre Mitarbeiterzahl ab dem
nächsten Jahr um durchschnittlich 11 % zu erhöhen.
Laut den neuesten Daten von PriceWaterhouseCoopers, wollen ca. 90 % der
rumänischen Unternehmen, die im IT-Sektor tätig sind, durchschnittlich 20 %
mehr Mitarbeiter einstellen. Es folgen die Fahrzeugbauindustrie und der
Einzelhandel, wobei die Hälfte der Unternehmen in diesen Bereichen zusätzliche
6,4 % Arbeitskräfte benötigt. In über 40 % der Finanzdienstleistungsunternehmen
und in 30 % der Pharmaunternehmen werden auch zusätzliche Arbeitskräfte
benötigt. Der Direktor von PriceWaterhouseCoopers Romania, Ionut Simion, sagte,
dass die Wirtschaft in den nächsten fünf Jahren weitere 1 Million Beschäftigte
braucht, um ein jährliches Wirtschaftswachstum von 3,5 % zu erzielen. Der
aktuelle Kontext ist schwierig, argumentiert Simion, da die Zahl der
Arbeitskräfte immer schwieriger zu finden ist und damit das
Entwicklungspotenzial der Wirtschaft begrenzt ist.
Um diese Situation zu korrigieren, sollten sowohl Regierung als auch
Unternehmen an Bildungsprogrammen umsetzten, die die Fähigkeiten der
Mitarbeiter, insbesondere die digitalen Fähigkeiten, entwickeln sollten,
fordern die Experten.
Alle sind sich einig, dass es keine perfekte Lösung für den
Arbeitskräftemangel gibt. Es wird immer wieder auf Menschen, die von
Sozialhilfe leben und sich einfach weigern zu arbeiten mit dem Finger gezeigt.
Dies sind in den meisten Fällen Menschen ohne Ausbildung. Ihre Präsenz auf dem
Arbeitsmarkt würde wenig dazu beitragen, die Situation zu verbessern. Darüber
hinaus leben und arbeiten Millionen von Rumänen im Ausland, die meisten davon
in Westeuropa. Ihre einzige Bindung an ihr Herkunftsland bleibt emotional, da
nur sehr wenige von ihnen bereit sind, nach Rumänien zurückzukehren, entmutigt
von der ineffektiven Verwaltungen, gegenüber den Auslandsrumänen feindlich
eingestellten Politikern und nicht zuletzt den Gehältern, die deutlich unter
denen in Westen liegen. Rumänische Arbeitgeberverbände haben angekündigt, dass
sie eine Erhöhung des nationalen Mindestlohns ab dem nächsten Jahr in Betracht
ziehen und behaupten, sie hätten ihre Haushalte für das nächste Jahr so
gestaltet, dass sie die Auswirkungen einer solchen Erhöhung auffangen können.
Die von der Regierung geplante Erhöhung bedeutet, dass der Mindestlohn um 20
Euro steigen würde, während die Gewerkschaften den Betrag mindestens verdoppeln
wollen.