Das Verfassungsgericht beanstandet die Erhöhung der Geldbuße während des Notstands
Das rumänische Verfassungsgericht entschied, dass die Dekrete, mit denen Präsident Klaus Iohannis den Notstand erklärte, den rechtlichen Rahmen überschritten hätten.
Roxana Vasile, 07.05.2020, 15:37
Eine der wichtigsten Zwangsmaßnahmen des rumänischen Notstands war die drastische Verschärfung der Geldbußen, um diejenigen zu entmutigen, die die Bemühungen der Behörden zur Eindämmung des SARS-CoV-2-Virus umgehen würden. Durch die Notstandsverordnungen der Regierung waren die auf frischer Tat ertappten Rumänen gezwungen riesige Summen, im Verhältnis zu ihrer Kaufkraft, aus der Tasche zu ziehen. Bei einem umgerechneten Durchschnittsgehalt von rund 700 Euro wurde die Mindeststrafe auf 400 Euro und die Höchststrafe auf über 4.000 Euro erhöht. Hinter dem Vorwand uneindeutiger Formulierungen einiger im Notstand erlassener Militärverordnungen, deren Auslegung im Ermessen der Polizei lag, wurden Menschen auch übertrieben hoch bestraft. Ältere Menschen zum Beispiel, die keine Unterstützung haben oder Menschen aus ländlichen Gegenden, ohne Zugang zu Informationen oder mit mangelhafter Bildung. In diesem Zusammenhang hat das rumänische Verfassungsgericht am Mittwoch die Beanstandung des Volksanwalts gegen die Notstandsverordnungen zugelassen, die diese sehr hohen Summen für Nichteinhaltung der Quarantäne und Isolation festlegt. Mit anderen Worten, die schmerzhaften Geldbußen wurden für verfassungswidrig erklärt. Die Richter des Verfassungsgerichtes argumentieren, dass die Bestimmungen der Verordnung nicht klar, präzise und vorhersehbar seien und die Feststellung der Tatsachen, deren Begehung einen Verstoß darstellt, willkürlich dem freien Ermessen der Polizeibeamten überlassen bleibe.
Der liberale Premierminister Ludovic Orban reagierte empört und erklärte, dass die Verfassungsrichter eine politische Entscheidung gefällt haben. Er sagte, dass anhand dieses Urteils die Regierung, die Behörden nahezu gehindert werden, die Gesundheit und das Leben der Rumänen zu schützen. Diese Entscheidung könne dazu führen, dass die Behörden keine Geldstrafen mehr wegen Verstoße gegen die im Notstand festgelegten Regeln verhängen können, fügte er hinzu. Finanzminister Florin Cîţu erklärte seinerseits, dass die hohen Geldbußen nicht dem Haushalt mehr Geld zuführen, sondern das Risiko einer Ausbreitung der Pandemie verringern sollten.
Auf der anderen Seite der politischen Barrikade hat die von den Sozialdemokraten und ihren Partnern ALDE und Pro Romania vertretene Opposition einen Gesetzentwurf ausgearbeitet, um die im Ausnahmezustand verhängten Geldbußen automatisch aufzuheben, damit die Tätigkeit der Gerichte nicht von Hunderttausende von Klagen blockiert werde. Eine Stiftung, betitelt zur Verteidigung der Bürger gegen staatlichen Missbrauch hat allen Rumänen, die der Ansicht sind missbräuchlich bestraft wurden zu sein mitgeteilt, dass sie die Geldbußen, zumindest vorerst, bis zum 30. Mai vor Gericht anfechten können. Es sollen insgesamt 300.000, mehr oder weniger berechtigte Klagen geben.