Cyber-Attacke: Präsident Iohannis deklassiert Geheimdienst-Berichte
Hinter dem Wahlkampf des populistischen Präsidentschaftskandidaten Călin Georgescu steckt womöglich ein „staatlicher” Akteur. Darauf deuten Geheimdienst-Berichte hin, die Präsident Klaus Iohannis am Mittwoch veröffentlichte.
Ştefan Stoica, 05.12.2024, 15:57
Staatspräsident Klaus Iohannis hat nach der letzten Sitzung des Obersten Rates für Nationale Verteidigung (CSAT) einen ungewöhnlichen Schritt unternommen. Er veröffentlichte mehrere geheime Berichte verschiedener nationaler Institutionen. Die Berichte behandelten Verstöße bei der Wahlwerbung vor der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen. In einer Pressemitteilung des Präsidialamtes wurde von Cyberangriffen berichtet, die die Fairness der Wahl beeinflussen sollten. Călin Georgescu hatte die erste Runde der Präsidentschaftswahlen überraschend gewonnen. Der unabhängige Kandidat war wie aus dem Nichts aufgetaucht und hatte von einer großen Präsenz auf TikTok profitiert.
Die deklassierten Dokumente zeigen, dass die Ereignisse keineswegs zufällig waren. Sie belegen das Ausmaß und die Ernsthaftigkeit der Aktionen, die gegen Rumänien gerichtet waren. Laut Berichten des rumänischen Inlands-Nachrichtendienstes SRI wurde im Vorfeld der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen eine aggressive Werbekampagne durchgeführt. Die Kampagne umging nationale Wahlgesetze und nutzte soziale Medien, um die Popularität von Călin Georgescu schnell zu steigern.
Laut SRI sicherte eine verstärkte TikTok-Kampagne, die zwei Wochen vor der Wahl stattfand, Călin Georgescu den Sieg in der ersten Runde. Anfang November war er noch weitgehend unbekannt. Das Wachstum der Konten, die für ihn warben, sei nicht organisch gewesen. Die Aktivität dieser Konten soll von einem staatlichen Akteur koordiniert worden sein, der einen alternativen Kommunikationskanal nutzte – dies, um Nachrichten auf der Plattform zu verbreiten. Dadurch erreichte Georgescu vor der ersten Wahlrunde den neunten Platz in den globalen Trends.
Der SRI hat laut den Berichten einen rumänischen Staatsbürger identifiziert, der den Wahlkampf Georgescus auf TikTok finanziert haben soll. Dabei habe dieser über eine Million Euro gespendet. Am Tag der Wahlen und in der Nacht danach hätten mehrere Cyberangriffe stattgefunden. Der SRI behauptet in seinen Berichten, dass Rumänien zur Zielscheibe hybrider, aggresiver Cyber-Angriffe vonseiten Russlands geworden sei.
Präsidentschafskandidat Georgescu hatte sich bei mehreren Auftritten als offener Bewunderer Putins präsentiert und antisemitische Faschisten aus der Zwischenkriegszeit positiv bewertet. Ferner sprach er sich gegen die Staatshilfen für die Ukraine aus. Außer den Politikern beunruhigt Georgescus Haltung auch die Wirtschaftsvertreter. Seine Perspektive über eine autarke Wirtschaft erinnert an den National-Kommunismus aus der Ceaușescu-Zeit.
Die USA haben indes den CSAT-Bericht über russische Cyberaktivitäten zur Beeinflussung des Wahlprozesses in Rumänien zur Kenntnis genommen. US-Außenamtssprecher Matthew Miller äußerte seine Besorgnis und betonte, dass Rumäniens Fortschritte in der transatlantischen Gemeinschaft nicht von ausländischen Akteuren gefährdet werden dürfen. Er warnte, dass eine Veränderung der Außenpolitik Rumäniens negative Auswirkungen auf die sicherheitspolitische Zusammenarbeit mit den USA haben könnte. Zudem könnten Einschränkungen für ausländische Investitionen amerikanische Unternehmen davon abhalten, weiter in Rumänien zu investieren.