Cioloş-Regierung legt Prioritäten fest
Die neue Regierung in Bukarest besteht aus parteilosen Fachleuten. Jetzt hat das Kabinett von Ministerpräsident Dacian Cioloş nach den ersten Sitzungen seine Prioritäten angekündigt.
Bogdan Matei, 23.11.2015, 18:41
Nach der Amtseinführung vor einer Woche hat mit der Technokraten-Regierung von Ministerpräsident Dacian Cioloş die wohl außergewöhnlichste Exekutive im postkommunistischen Rumänien ihre ersten Sitzungen abgehalten. Es hat in der Vergangenheit bereits zwei unabhängige Regierungschefs gegeben, bzw. Teodor Stolojan 1991 und Mugur Isărescu 1999, beide gelernte Ökonomen. Allerdings besetzten beide die meisten Ministerposten mit politischen Vertretern.
Cioloş hingegen entschied sich zugunsten der Ministeranwärter ohne politischen Hintergrund, die mit Erfolg in der öffentlichen Verwaltung, der Zivilgesellschaft oder an den europäischen Institutionen tätig waren. Dieses Kabinett wird etwa ein Jahr lang das Land regieren, bis zu den Parlamentswahlen im Herbst 2016. In diesem Zeitraum soll sich die politische Klasse, die als korrupt und inkompetent gilt und ihr Ansehen vollständig ruiniert hat, neu erfinden und das Vertrauen der Bürger wiedergewinnen.
Die Regierung habe sich vorgenommen, die Haushaltsvorlage für 2016 möglichst schnell zu verabschieden, erklärte Ministerpräsident Dacian Cioloş für Radio Rumänien, in seinem ersten Interview nach der Amtseinführung. In der ersten Dezember-Hälfte soll der Entwurf schließlich dem Parlament vorgelegt werden. Angesprochen auf die Erhöhung der Gehälter von Staatsbediensteten um 10%, antwortete Cioloş, er wolle sich erst einmal in Ruhe mit den Statistiken der ehemaligen Regierung auseinander setzen. Erst dann werde man wissen, ob eine derartige Erhöhung realistisch sei.
Im Übrigen würden die neuen Minister die Projekte untersuchen, die unter der Ex-Regierung des Sozialdemokraten Victor Ponta angelaufen waren. Danach soll beschlossen werden, welche davon in dem Haushalt für das kommende Jahr mitberücksichtigt werden können. Das neue Regierungsprogramm setzt schnelle Lösungen für die Festigung des Vertrauens in die rumänische Wirtschaft voraus, erklärte Vize-Ministerpräsident Costin Borc.
Das bedeutet, die Möglichkeiten einer Re-Industrialisierung zu identifizieren, wobei die Neuauslegung dieses Konzeptes im allgemeinen europäischen Kontext berücksichtigt werden muss. Uns liegt viel an der Unterstützung des rumänischen Kapitals, die Stärkung rumänischer Marken zählt zu unseren strategischen Zielen. Das rumänische Humankapital ist für uns eine wesentliche Ressource und wir möchten die Humanressourcen weiterentwickeln, also die qualifizierten Arbeitskräfte fortbilden, bis hin zur Unterstützung kreativer Industrien, wie der IT-Branche usw…”
Der aktuelle Ministerpräsident und frühere EU-Landwirtschaftskommissar Dacian Cioloş traf sich indes mit seiner rumänischen Nachfolgerin in der Europäischen Kommission, der Kommissarin für Regionale Entwicklung, Corina Creţu. Nach dem Treffen verkündete er die Entsperrung des sogenannten operationellen Regionalentwicklungsprogramms für den Zeitraum 2007-2013. Die Fördermittel waren infolge eines Audits der Kommission eingefroren worden. Ferner erklärte Cioloş im Interview mit Radio Rumänien, dass das Land zurzeit etwa 60% der Fördermittel abgerufen habe. Sollte alles nach Plan laufen, könnte die Absorbtionsrate bald auf 70% ansteigen, so der Regierungschef.