Chaotische Zustände überschatten Wahljahr
Am 5. Juni finden in Rumänien Kommunalwahlen statt, im Herbst wird ein neues Parlament gewählt. Die politische Szene ist in Aufruhr, selbst Insider laufen Gefahr, den Überblick zu verlieren.
Corina Cristea, 21.04.2016, 17:15
Die Liberalen haben zum dritten Mal einen neuen Kandidaten für die Wahl des Oberbürgermeisters von Bukarest aufgestellt — sie schicken den Ortsverbandschef und Ex-Justizminister Cătălin Predoiu ins Rennen. Er war eigentlich für die Position des Premierministers vorgesehen, falls die Liberalen die Parlamentswahlen vom Herrbst gewinnen sollten. Predoiu musste aber kurzfristig einspringen, nachdem die Liberalen auch den dritte Kandidaten innerhalb eines Monats verloren haben. Zuerst zog sich der chancenlose Europaabgeordnete Cristian Buşoi zurück, dann der Parteivizepräsident Ludovic Orban — gegen ihn wurde ein Strafverfahren unter Verdacht auf Bestechlichkeit angeregt. Er soll einem Geschäftsmann Geld verlangt haben, um die Gunst von Journalisten zu kaufen. Die Partei entschied sich dann für Marian Munteanu, eine bekannten Figur der bürgerlichen und studentischen Bewegung gleich nach der Wende — doch sofort wurden ihm nachgesagt, für die kommunistische Geheimpolizei Securitate gespitzelt zu haben und dem rechtsextremen Spektrum zu nahe zu stehen. Munteanu leugnete beides, zog sich aber auch zurück. Nun ist Cătălin Predoiu am Zug. Er will die Probleme der Stadt ambitioniert anpacken: Ich stehe zu dieser Verantwortung und verspreche, mich mit meiner gesamten Energie und Kompetenz für den Wahlsieg der Partei und der bürgerlichen Rechten in Bukarest einzusetzen. In 2019 wird Bukarest die Haupstadt eines Landes sein, das den EU-Ratsvorsitz hält. Bis zu dem Zeitpunkt werden wir eine Vision für die Modernisierung und die Entwicklung der Stadt umsetzen,” sagte Predoiu der Presse.
In der anderen großen Partei, bei den Sozialdemokraten, geht es ruhiger zu. Dort hat die Senatorin Gabriela Firea, die früher Fernsehmoderatorin war, offiziell ihre Bewerbung eingereicht. Sie will sich besonders für die Belange der jungen menschen engagieren: Ich wünsche mir sehr stark eine zivilisierte und offene Kampagne und stelle mich gerne den Diskussionen über die Probleme der Hauptstadt und über unsere Lösungsansätze. Würden sich die Bukarester für mich als Bürgermeisterin entscheiden, können sie mit Ergebnissen schon in einigen Monaten rechnen — vieles kann schon jetzt getan werden und wir müssen nicht jahrelang warten, bis sich die Lebensqualität für die Menschen verbessert.”
Doch auch die PSD wird von Problemen nicht verschont. Am Freitag soll der Oberste Gerichtshof ein endgültiges Urteil in einem prominenten Verfahren sprechen, das gegen Parteichef Liviu Dragnea läuft. Ihm wird vorgeworfen, im Sommer 2012 das Refendum zur Amtsenthebung des damaligen Präsidenten Traian Băsescu unrechtmäßig beeinflusst zu haben. In erster Instanz wurde Dragnea schuldig gesprochen und zu einer Bewährungsstrafe verurteilt.