Bürger zweiter Klasse?
Osteuropäer protestieren gegen Qualitätsunterschiede im Lebensmittelhandel auf dem EU-Binnenmarkt.
Leyla Cheamil, 16.10.2017, 17:20
Die Slowakei und Tschechien haben Ende letzter Woche einen Konsumentengipfel einberufen – Hauptthema war der mutmaßliche Doppelstandard in der Qualität der Lebensmittel, die westliche Konzerne nach West- bzw. Osteuropa exportieren.
Länder in Mittelosteuropa werfen Lebensmittelkonzernen vor, dass sie dorthin Produkte schlechterer Qualität unter dem gleichen Markennamen verkaufen. Obwohl das Produkt unter der gleichen Bezeichnung verkauft wird, sei es in Osteuropa schlechter als in Westeuropa. An den Vorwürfen ist nichts Neues, und nach Untersuchungen haben die Länder in Osteuropa sich letztes Jahr bei der EU-Kommission über einen vermeintlichen Doppelstandard beklagt. Vor diesem Hintergrund fand auch der Konsumentengipfel in Bratislava organisiert. Die gezielte Diskriminierung der Lebensmittelverbraucher in MOEL ist unannehmbar, kritisierte die polnische Premierministerin Beata Szydlo, während ihr slowakischer Amtskollege Robert Fico erklärte, dass in der EU kein Platz sei für Konsumenten zweiter Klasse. Der ungarische Regierungschef Viktor Orban meinte, dass die Wirtschaft der Union auf dem gemeinsamen Vertrauen unter den Staaten basiert, und Mitteleuropa sei aufgrund der kommunistischen Vergangenheit besonders empfindlich in der Frage möglicher Doppelstandards. Die große internationalen Unternehmen haben Konsumenten in MOEL in die Irre geführt, sagte Orban weiter.
Die zuständige europäische Kommissarin, Vera Jourova schlug in Bratislava vor, neue Vergleichswege für die Lebensmittel einzuführen. Die Regierungschefs der Vişegrader Gruppe waren im Prinzip einverstanden, doch sei auch sonst noch viel zu tun.
Auch Rumänien ist mit dem Problem beschäftigt. Eine vergleichende Studie stellte im Sommer Unterschiede bei 9 der 29 getesteten Lebensmittel fest. Rumänien beteiligte sich dementsprechend auch an dem Verbrauchergipfel in Bratislava, schickte aber nur Repräsentanten des Landwirtschaftsministeriums und des Verbraucherschutzes. Das Ministerium ließ alsdann in einer Pressemitteilung wissen, dass Rumänien die Idee einer unionsweiten eindeutigen Rechtslage und einheitliche Kontrollmethoden unterstützt. Die MS sollten mit der Kommission zusammenarbeiten, um auf effiziente Weise auf die Probleme reagieren zu können. Rumänische Experten werden in diesem Zusammenhang mit den Europaabgeordneten arbeiten, um den Bereich zu regeln. Die Teilnehmer am Gipfel vereinbarten eine Zusammenarbeit, um Produkte mit marktabhängigen Parametern zu erkennen.