Berühmte Strafverfahren stehen zur Zeit im Fokus der rumänischen Justiz
Das Strafverfahren des PSD-Vorsitzenden Liviu Dragnea und die Auslieferung des ehemaligen sozialdemokratischen Bürgermeisters von Constanta, Radu Mazare, dominierten die öffentliche Agenda am Montag.
Ştefan Stoica, 21.05.2019, 14:37
Vor dem Fernseher oder sogar vor dem Gebäude des Obersten Gerichtshofes in Bukarest warteten Kritiker und Anhänger des führenden Politikers Rumäniens, PSD-Chef Liviu Dragnea, auf das endgültige Urteil im Strafverfahren betreffend die fiktiven Beschäftigungsakten an der Direktion für Kinderschutz in Teleorman (im Süden Rumäniens). Das endgültige Urteil wird aber am 27. Mai gefällt.
Am Montag, den 20. Mai, war der letzte Gerichtstermin des besagten Strafverfahrens, bei dem der PSD-Vorsitzende Liviu Dragnea neben anderen Parteimitgliedern angeklagt wird. Als Kreistagsvorsitzender von Teleorman soll Dragnea vor einigen Jahren veranlasst haben, dass mehrere PSD-Mitarbeiterinnen vom Kinderschutzamt bezahlt werden, ohne dort zu arbeiten; die betreffenden Frauen seien nie beim Kinderschutzamt erschienen, sondern hätten ausschließlich für die Sozialdemokratische Partei PSD gearbeitet. Laut DNA habe Liviu Dragnea als Vorsitzender des Landkreisrates Teleorman die Arbeit der Direktion für Kinderschutz koordiniert und kontrolliert. Dragnea wies die Vorwürfe zurück.
Liviu Dragnea wurde von einem Spruchkörper mit drei Richtern in erster Instanz zu 3 Jahren und 6 Monaten Haft verurteilt. Die Staatsanwälte von der Antikorruptionsbehörde DNA haben Beweise für die Anschuldigung wegen Anstiftung zum Amtsmissbrauch vorgelegt und gefordert, dass der Angeklagte Liviu Dragnea zu einer höheren Freiheitsstrafe verurteilt wird.
An diesem Montag erschien Liviu Dragnea nicht vor Gericht, und seine Anwälte bemühten sich erfolglos, eine Verschiebung nach dem 5. Juni zu erwirken, als das Verfassungsgericht über die Zusammensetzung des Drei-Richter-Spruchkörpers des Obersten Gerichtshofs entscheiden sollte. Das Verfassungsgericht prüft auf Ersuchen des stellvertretenden Vorsitzenden der Abgeordnetenkammer, Florin Iordache, einen möglichen Rechtsstreit zwischen dem Parlament und dem Obersten Gericht in Bezug auf die für Korruption spezialisierten Spruchkörper.
Iordache ist der Ansicht, dass der Oberste Gerichtshof es abgelehnt hat, auf Korruption spezialisierte Sonderspruchkörper zu bilden, im Sinne des Gesetzes zur Vorbeugung, Aufdeckung und Sanktionierung von Korruptionstaten. Der Antrag wurde von Florin Iordache in der Zeit eingereicht, als Liviu Dragnea ihm die Führungsbefugnisse der Abgeordnetenkammer delegiert hatte. Diese Bewegung interpretieren die Gegner und Kritiker des PSD-Vorsitzenden als einen neuen Versuch seitens eines treuen Untergebenen, seinen Chef von einer Verurteilung im Strafverfahren betreffend die fiktiven Beschäftigungsakten an der Direktion für Kinderschutz Teleorman zu retten.
Die Justiz war der unbestrittene Star am Montag; am Abend wurde der frühere Bürgermeister von Constanţa, Radu Mazăre, unter rumänischer Polizeieskorte nach Rumänien zurückgeführt, nach der Auslieferung aus Madagaskar, wo er sich seit Dezember 2017 befand. Radu Mazăre wurde in mehreren Strafverfahren wegen Korruption verurteilt, aber die letzte Strafverurteilung, die zur Ausstellung des internationalen Auslieferungsbefehls geführt hatte, war das endgültige Urteil des Obersten Gerichtshofs vom Februar dieses Jahres, im Fall der illegalen Landrückgaben in Constanta, als Radu Mazare zu einer Freiheitsstrafe von mehr als 9 Jahren verurteilt wurde.
Ende 2017, als er unter Gerichtskontrolle stand, verließ Radu Mazare Rumänien und flüchtete nach Madagaskar, wo er Schritte unternahm, um politisches Asyl zu erhalten. Radu Mazare behauptete, in den gegen ihn eingeleiteten Strafprozessen sei politischer Druck ausgeübt worden. Der frühere Journalist und Politiker, Exzentriker und Nonkonformist Radu Mazare scheint seine lange Verwaltung einer Stadt mit wichtigen Ressourcen für lukrative persönliche Gewinne umgeleitet zu haben. Der ehemalige Bürgermeister von Constanta hat mehrere Strafverurteilungen, einige von ihnen noch nicht endgültig.
Es gibt aber auch andere Strafverurteilte, die an exotischen Orten der rumänischen Justiz entkommen wollen. Die ehemalige Ministerin Elena Udrea und die ehemalige Leiterin der Anti-Mafia- und Anti-Terror-Staatsanwaltschaft Elena Bica befinden sich zur Zeit in Costa Rica.