RRI Live!

Hören Sie Radio Rumänien International Live

Bergarbeiteraufmärsche: Anklageschrift ungesetzmäßig?

Die Bergarbeiteraufmärsche vom Juni 1990 in Bukarest – das wohl dunkelste Kapitel in der postkommunistischen Geschichte Rumäniens. Auch drei Jahrzehnte später sind die Ereignisse von damals noch nicht aufgearbeitet.

Bergarbeiteraufmärsche: Anklageschrift ungesetzmäßig?
Bergarbeiteraufmärsche: Anklageschrift ungesetzmäßig?

, 09.05.2019, 13:08

Die Schlagzeilen machen derzeit der EU-Gipfel in Hermannstadt sowie die Europawahlen am 26. Mai. Allerdings gibt es auch vom Justizbereich nicht weniger spektakuläre Meldungen.



Der Interims-Generalstaatsanwalt Bogdan Licu hat am Mittwoch im Dossier der Bergarbeiteraufmärsche vom Juni 1990 die jüngste Entscheidung des Obersten Gerichtshofes beanstandet. Das Gericht hatte die Strafakte an die Staatsanwaltschaft zurückgeschickt. Zuvor hatte ein Richter der Gerichtskammer für Voruntersuchungen die Anklageschrift für ungesetzmäßig befunden.



Vor zwei Jahren hatten Militärstaatsanwälte ihre Ermittlungen im Dossier der sogenannten Mineriade, der Bergarbeiteraufmärsche also, abschlossen. 14 Personen waren infolgedessen unter Anklage gestellt worden, darunter sehr prominente Namen: etwa der Ex-Präsident Ion Iliescu, der damalige Premierminister Petre Roman, sein Stellvertreter, Gelu Voican-Voiculescu, und der damalige Nachrichtendienst-Chef Virgil Măgureanu. Laut Anklage hätten die Genannten sich direkt an der Planung und Durchführung des Übergriffs auf die friedlichen Demonstranten auf dem Universitätsplatz in Bukarest beteiligt. Bei den Kundgebungen hatten sich die Teilnehmer gegen die damalige politische Machtriege aufgelehnt.



Am 20. Mai 1990, fünf Monate nach dem Sturz der kommunistischen Diktatur von Nicolae Ceauşescu, waren in Rumänien die ersten freien Wahlen abgehalten worden – Ion Iliescu, ehemaliger Minister in den 1970er Jahren unter Ceauşescu, gelang dabei ein unumstrittener Sieg mit etwa 85% der Stimmen. Iliescu hatte es geschafft, sich im Tumult der antikommunistischen Revolution von 1989 als Anführer zu etablieren, obwohl er ebenfalls aus den Reihen der Nomenklatura stammte. Seine Partei, eine Mischung aus authentischen Revolutionären und zweitrangigen Kommunisten, belegte nach der Wahl zwei Drittel der Sitze im ersten postkommunistischen Parlament.



Im April 1990 hatten Studenten den Universitätsplatz besetzt und ihn zur neokommunismus-freien Zone erklärt. Die Geste war als Protest gegen den sich abzeichnenden Verbleib ehemaliger Kommunisten in der Machtetage gedacht. Doch nach den deutlichen Wahlergebnissen waren die meisten der ursprünglich zehntausenden von Demonstranten weggeblieben. Auf dem Platz harrten noch einige Dutzend Personen im Hungerstreik aus. In der Nacht von 13 auf den 14 Juni räumte die Polizei den Platz mit unverhältnismäßiger Gewalt – der Einsatz erinnerte an die Unterdrückungsmaßnahmen während der Revolution.



Bis heute bleibt ungeklärt, wer an den gewalttätigen Ausschreitungen des Folgetages beteiligt war – es ist nicht klar, ob die gewalttätigen Personen, die sich Straßenkämpfe mit der Polizei lieferten und Angriffe auf den Sitz des Innenministeriunms und der Fernsehanstalt starteten, eine Verbindung zu den Kundgebungen auf dem Universitätsplatz hatten. Iliescu und seine Nahestehenden bezeichneten sie als Legionäre, in Anlehnung an die extreme Rechte der Zwischenkriegszeit. Obwohl die Armee bereits die Ordnung wieder hergestellt hatte, riefen die Machthaber die Bevölkerung zur Rettung der angeblich erneut gefährdeten Demokratie“ auf.



Bergarbeiter aus dem zentralrumänischen Schiltal folgten dem Aufruf und marschierten am 14. und 15. Juni auf den Straßen der rumänischen Hauptstadt auf. Sie mussten den Behörden über ihr Handeln offenbar keine Rechenschaft geben. Zurück blieben über 1300 Verletzte und mindestens sechs Tote, mehr als Tausend Menschen wurden missbräuchlich verhaftet. Die Bukarester Universität wurde verwüstet, ebenso die Sitze der Oppositionsparteien und der unabhängigen Zeitungen.



Vor fünf Jahren zwang der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte Rumänien in einem Beschluss, das Verfahren zu den Bergarbeiteraufmärschen von 1990 neu aufzurollen. Die ehemalige Generalstaatsanwältin Laura Codruta Kövesi musste einräumen, dass das Ermittlungsverfahren zur Mineriade zu den größten Misserfolgen in der Geschichte der Generalstaatsanwaltschaft gehört.

foto: Radio Chișinău
RRI Aktuell Donnerstag, 31 Oktober 2024

Stichwahl in der Republik Moldau: Alles-oder-Nichts-Angelegenheit

Die erste Wahlrunde vor knapp zwei Wochen ging an Maia Sandu, die bevorzugte Kandidatin westlicher Kanzleien, die 42% der Stimmen erhielt. Der von...

Stichwahl in der Republik Moldau: Alles-oder-Nichts-Angelegenheit
Foto: Baza 71 Aeriană / MApn
RRI Aktuell Mittwoch, 30 Oktober 2024

Drohnen, ein Sicherheitsproblem

Das Ministerium für Nationale Verteidigung in Bukarest hat einen Gesetzentwurf zur Verbesserung der Luftsicherheit in die Entscheidungsfindung...

Drohnen, ein Sicherheitsproblem
Foto: jhenning / pixabay.com
RRI Aktuell Dienstag, 29 Oktober 2024

Demographischer Wandel: Rumäniens Bevölkerung altert zunehmend

Die Bevölkerung Rumäniens lag Mitte dieses Jahres bei knapp 21,8 Mio. (21 779 000) Einwohnern – ein Rückgang um einen Prozentpunkt gegenüber...

Demographischer Wandel: Rumäniens Bevölkerung altert zunehmend
Gaze-Energie-magnascan-pixabay-com
RRI Aktuell Dienstag, 29 Oktober 2024

Energiepolitik: Rumänien steigt zum größten Gasproduzenten der EU auf

Nach Angaben von Energieminister Sebastian Burduja sei die rumänische Gasproduktion im Vergleich zum Vorjahr um 1% gestiegen. Dies sei vor...

Energiepolitik: Rumänien steigt zum größten Gasproduzenten der EU auf
RRI Aktuell Montag, 28 Oktober 2024

Präsidentenwahl in der Moldau: Fernsehdebatte ohne Moderator

Am Sonntag fand in der Moldau eine formell ungewöhnliche, aber inhaltlich vorhersehbare Wahldebatte zwischen den beiden verbleibenden Kandidaten...

Präsidentenwahl in der Moldau: Fernsehdebatte ohne Moderator
RRI Aktuell Freitag, 25 Oktober 2024

EU stellt 400 Mio. EUR für die von der Dürre betroffenen rumänischen Landwirte bereit

Die Europäische Kommission hat eine staatliche Beihilferegelung für die von der Dürre betroffenen rumänischen Landwirte genehmigt. Die Mittel in...

EU stellt 400 Mio. EUR für die von der Dürre betroffenen rumänischen Landwirte bereit
RRI Aktuell Freitag, 25 Oktober 2024

Wahlen 2024: Der Endspurt beginnt

INach zwei Jahrzehnten finden in Rumänien in einem einzigen Jahr wieder alle möglichen Arten von Wahlen statt. Am 9. Juni wählten die Bürger ihre...

Wahlen 2024: Der Endspurt beginnt
RRI Aktuell Donnerstag, 24 Oktober 2024

Energieminister: Füllstand der Gasspeicher bei 103%

Energieminister Sebastian Burduja versichert, dass Rumäniens Gasvorkommen überfüllt seien und das Land den Winter ohne Importe überstehen könne....

Energieminister: Füllstand der Gasspeicher bei 103%

Partner

Muzeul Național al Țăranului Român Muzeul Național al Țăranului Român
Liga Studentilor Romani din Strainatate - LSRS Liga Studentilor Romani din Strainatate - LSRS
Modernism | The Leading Romanian Art Magazine Online Modernism | The Leading Romanian Art Magazine Online
Institului European din România Institului European din România
Institutul Francez din România – Bucureşti Institutul Francez din România – Bucureşti
Muzeul Național de Artă al României Muzeul Național de Artă al României
Le petit Journal Le petit Journal
Radio Prague International Radio Prague International
Muzeul Național de Istorie a României Muzeul Național de Istorie a României
ARCUB ARCUB
Radio Canada International Radio Canada International
Muzeul Național al Satului „Dimitrie Gusti” Muzeul Național al Satului „Dimitrie Gusti”
SWI swissinfo.ch SWI swissinfo.ch
UBB Radio ONLINE UBB Radio ONLINE
Strona główna - English Section - polskieradio.pl Strona główna - English Section - polskieradio.pl
creart - Centrul de Creație Artă și Tradiție al Municipiului Bucuresti creart - Centrul de Creație Artă și Tradiție al Municipiului Bucuresti
italradio italradio
Institutul Confucius Institutul Confucius
BUCPRESS - știri din Cernăuți BUCPRESS - știri din Cernăuți

Mitgliedschaften

Euranet Plus Euranet Plus
AIB | the trade association for international broadcasters AIB | the trade association for international broadcasters
Digital Radio Mondiale Digital Radio Mondiale
News and current affairs from Germany and around the world News and current affairs from Germany and around the world
Comunità radiotelevisiva italofona Comunità radiotelevisiva italofona

Provider

RADIOCOM RADIOCOM
Zeno Media - The Everything Audio Company Zeno Media - The Everything Audio Company