Auch Arme müssen arbeiten
Rumänien fährt harteren Kurs gegen Sozialhilfeempfänger
Mihai Pelin, 23.07.2018, 22:01
Nach einem Bericht der Zentralbank in Bukarest gab es Ende letzten Jahres in Rumänien rund vier Millionen Menschen im Alter zwischen 15 und 64 Jahren, die keine Beschäftigung hatten und auch nicht auf der Suche nach Arbeit waren. Diese Menschen bekommen von der Sozialhilfe umgerechnet rund 60 Euro im Monat als Grundeinkommen. Jetzt fährt der Staat einen härteren Kurs – Präsident Klaus Johannis setzte ein Gesetz in Kraft, dem zufolge Sozialhilfeempfänger kein Jobangebot ablehnen dürfen und zum Arbeiten gezwungen werden.
Nach den neuen Vorschriften muss eine arbeitsfähige Person als Gegenleistung für die Sozialhilfe jeden Monat auf Anweisung des Bürgermeisters der betreffenden Kommune ein bestimmtes Pensum von gemeinnütziger Arbeit leisten – je nachdem, wieviel Geld die Familie der betreffenden Person Sozialhilfe kassiert. Dabei gelten die üblichen Arbeitssicherheitsnormen. Ist die Person gerade nícht arbeitsfähig, muss jemand aus der Familie einspringen. Sollte sich umgekehrt nach einer Überprüfung herausstellen, dass eine Person oder ein Mitglied der Familie aus anderen Quellen bezogen und nicht offengelegt hat, verliert die Person den Anspruch auf Sozialhilfe und kann nur im nächsten Kalenderjahr einen Antrag darauf stellen. Das gleiche passiert, wenn eine Person einen Arbeitsplatz oder eine Lehrstelle ablehnt.
Alle Parteien unterstützten den Gesetzentwurf im Parlament und die Urheber erklärten, dass sie die Arbeitsaufnahme ermutigen und den Sozialhilfeempfängern mehr Verantwortung übertragen wollen, wie Ştefan Băişanu von der ALDE sagte: „Der Moment ist da, wo in Rumänien jeder Bürger Einkommen bezieht, die seiner Arbeitsleistung entsprechen. Dieses Gesetz gilt nicht für Menschen, die tatsächlich besondere Bedürfnisse haben, jenen muss geholfen werden, die anderen gehören zur Arbeit geschickt. Es gibt auch die Möglichkeit von Saisonarbeiten, zum Beispiel in der Landwirtschaft oder im Baugewerbe“, so der Politiker.
Auch auf die Bürgermeister kommt mehr Arbeit zu – sie müssen auf der Grundlage der Anträge von Unternehmen im Einzugsgebiet der jeweiligen Kommune einen Saisonarbeitsplan erstellen – ansonsten drohen ihnen Geldstrafen zwischen umgerechnet knapp 215 bis 1100 Euro.
Nach dem Gesetz haben rumänische Staatsangehörige Anspruch auf ein garantiertes Mindesteinkommen – das ist kein bedingungsloses Grundeinkommen, sondern wird als Sozialhilfe monatlich für das Überleben von Menschen ausbezahlt, die keine oder nur sehr geringe Einkommen haben. Fast 250 Tausend Menschen bekamen im Dezember zusammen umgerechnet etwa 13 Millionen Euro.