Antikorruptionsbehörde ermittelt gegen neun rumänische Ex-Minister
Die rumänischen Staatsanwälte von der Antikorruptionsbehörde haben die Einleitung von Strafermittlungen gegen neun ehemalige Minister im sog. “Microsoft-Verfahren beantragt.
Roxana Vasile, 30.09.2014, 16:25
Unter strikter Beobachtung der Brüsseler Behörden hat die rumänische Justiz einen erbitterten Kampf gegen die große Korruption auf höchster Ebene begonnen. In den letzten zwei Jahren wurden ein ehemaliger Ministerpräsident sowie mehrere Minister und hochrangige Politiker in einigen Strafverfahren für schuldig gefunden und zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt.
Jetzt weitet die Nationale Antikorruptionsbehörde (DNA) ihre Ermittlungen in puncto milliardenschwerer, im IT-Bereich vergebener Aufträge der Nachwenderegierungen aus: Nach der dinglichen Klage hat DNA-Chefin Laura Kövesi nun bei Generalstaatsanwalt Tiberiu Niţu auch um die Einleitung von Strafermittlungen gegen erste Verdächtige angesucht — nämlich gegen insgesamt neun Ex-Minister von verschiedenen, sowohl links- als auch mitte-rechts orientierten Parteien. Im Visier der DNA stehen die früheren Bildungsminister Ecaterina Andronescu (Sozialdemokratische Partei PSD), Alexandru Athanasiu (Sozialdemokratische Partei PSD) und Daniel Funeriu (Ex-Mitglied der Liberaldemokratischen Partei PDL, derzeit Mitglied der Partei Volksbewegung PMP), die Ex-Kommunikationsminister Dan Nica (Sozialdemokratische Partei PSD), Adriana Ţicău (Sozialdemokratische Partei PSD), Valerian Vreme (Ex-Mitglied der Liberaldemokratischen Partei PDL, derzeit Mitglied der Partei Volksbewegung PMP) und Gabriel Sandu (von der Liberaldemokratischen Partei PDL), Ex-Finanzminister Mihai Tănăsescu (Ex-Mitglied der Sozialdemokratischen Partei PSD) sowie der frühere mit der Leitung des Generalsekretariats der Regierung beauftragte Minister Şerban Mihăilescu (von der Sozialdemokratischen Partei PSD).
Generalstaatsanwalt Niţu muss nun beim Präsidenten (für Ex-Minister), beim Parlament (für derzeitige Abgeordnete oder Senatoren) und dem EU-Parlament (für den Europaabgeordneten Dan Nica) um Genehmigung der Einleitung von Strafermittlungen gegen die Verdächtigen bzw., je nach Fall, um Aufhebung ihrer parlamentarischen Immunität ansuchen.
Konkret wirft die DNA den meisten Ex-Ressortchefs Bestechlichkeit (Nica, Mihăilescu, Andronescu, Sandu, Tănăsescu und Ţicău), Amtsmissbrauch (Funeriu und Vreme), Einflussnahme und Geldwäsche (Nica und Mihăilescu) bei den mit Microsoft Ireland über mehrere Subunternehmer eingegangenen Verträgen für Microsoft-Lizenzen sowie den an den IT-Anbieter SIVECO vergebenen Auftrag zur Errichtung eines Informationssystems im Bildungsbereich vor. Laut DNA sollen sich die meisten Ex-Minister der Annahme fetter, teils millionenschwerer Bestechungen (Nica, Mihăilescu, Andronescu, Sandu, Tănăsescu und Ţicău), schuldig gemacht haben. Angestoßen wurde das Verfahren von der US-Bundesbehörde FBI, die seit geraumer Zeit gegen Microsoft wegen mutmaßlicher Schmiergeldzahlungen an ausländische Regierungsvertreter ermittelt.
Laut der Nationalen Antikorruptionsbehörde seien die ersten Straftaten bereits 2001 begangen worden, und von den 54 Millionen Dollar, die von der Exekutive bezahlt wurden, seien 20 Millionen Honorarvermittlungen für die Vertragsbeteiligten gewesen, einschließlich für Beamte von verschiedenen Ministerien. In einem Vertrag geht es zum Beispiel um die Anschaffung von etwa 180.000 Microsoft-Lizenzen für rumänische Schulen — das waren um etwa 73.000 Lizenzen mehr als die Anzahl der in den Schulen existierenden kompatiblen Computer zum Datum der Vertragsunterzeichnung. Infolge dieses Vertrages seien Schulden in Hohe von etwa 5 Millionen Dollar für den rumänischen Staat entstanden, und die Antikorruptionsbehörde hat dazugehörende Banküberweisungen in den Konten von mindestens drei der verdächtigten Minister identifiziert.
Alle Verdächtige erklärten sich für unschuldig, und gaben unterschiedliche Rechtfertigungen an. Ecaterina Andronescu lehnte alle Anschuldigungen ab und betonte, sie hätte niemals Geld angenommen. Der ehemalige Generalsekretär der linksgerichteten Regierung zwischen 2000 und 2003, Serban Mihailescu, erklärte seinerseits, die Anschuldigungen würden der Wirklichkeit nicht entsprechen. Die des Amtsmissbrauchs verdächtigten Daniel Funeriu und Valerian Vreme sind aus ihrer mitte-rechts gerichteten Partei Volksbewegung zurückgetreten — die Partei Volksbewegung hatte nämlich mehrmals erklärt, sie würde die Unabhängigkeit der Justiz entschlossen unterstützen. Dieses besonders komplizierte Korruptionsverfahren wird mit Sicherheit sehr lange dauern. Die Antikorruptionsbehörde, die im Laufe der Jahre mehrmals beschuldigt wurde, sie stehe unter politischem Einfluss, hat jetzt die Chance, alle Unkenrufe zu widerlegen und zu beweisen, sie stütze sich auf dem Grundsatz Korruption hat keine politische Couleur”.