Änderungen im Steuerrecht: Koalitionsregierung will leere Staatskassen füllen
Am heutigen 1. August treten in Rumänien Änderungen im Steuerrecht in Kraft. Ab kommendem Jahr will die Regierung durch zusätzliche Abgaben nachlegen.
Roxana Vasile, 01.08.2022, 14:26
In Krisenzeiten sollten Steuern und sonstige Abgaben nicht erhöht werden. Das sagen in der Regel Wirtschaftsexperten und oft auch Politiker, solange sie die Oppositionsbank drücken. Doch wenn es darum geht, etwas Geld in die leeren Staatskassen zu spülen, vergessen die zuletzt Genannten oft, was sie vor den Wahlen versprochen haben. Die Rumänen haben allerhand Gründe, mit Sorge in die Zukunft zu blicken. Die Inflation liegt seit geraumer Zeit im zweistelligen Bereich, und die horrenden Preise für Gas und Energie haben eine beispiellose Teuerungswelle mit sich gebracht. Unter diesen Umständen bangen viele, dass sie ihre Rechnungen für Strom und die Heizkosten im kommenden Winter nicht mehr werden bezahlen können. Steuererhöhungen und zusätzliche Abgaben wirken da alles andere als stimmungsfördernd.
Staatspräsident Klaus Johannis stellt sich indessen uneingeschränkt hinter die Regierungskoalition, in der sich Sozialdemokraten und Liberale in der Frage der Steuererhöhungen bislang seltsam einig waren. Auf die Frage, was er von den ab 1. August in Kraft tretenden Steuerbestimmungen halte, antwortete der Staatschef, dass es sich nicht um neue Abgaben für den Durchschnittsbürger handle, sondern um eine Korrektur bisheriger Missstände. Es sei allgemein bekannt, dass in der Vergangenheit eine Reihe von Gebühren und Steuern unter anderen Umständen als den heutigen eingeführt worden sind, die damals auch nicht genügend begründet worden waren. Nun sei es an der Zeit, die einschlägige Gesetzgebung zu modernisieren, um Transparenz zu schaffen und letztendlich die Effizienz des Staates bei der Einnahme von Geldern für den Staatshaushalt zu erhöhen. Mit einer effizienteren Verwaltung der Staatskasse könne auch die Steuerhinterziehung besser eingedämmt werden, so der rumänische Präsident.
Konkret werden ab 1. August Tabakprodukte teurer, die Schwelle für die steuerfreie Entlohnung in bestimmten Wirtschaftszweigen wird heruntergeschraubt und Glücksspielgewinne werden höher versteuert. Raucher werden durch die Erhöhung der Verbrauchssteuer kräftig zur Kasse gebeten, dabei werden nicht nur herkömmliche Zigaretten oder Drehtabak verteuert, sondern auch die nikotinhaltigen Flüssigkeiten zum Verdampfen in sogenannten E-Zigaretten. Die Behörden begründen diesen Schritt mit der Anpassung an die europäische Gesetzgebung im Bereich, andernfalls drohe Rumänien ein EU-Vertragsverletzungsverfahren. Höhere Verbrauchssteuern und damit auch höhere Preise gelten ab heute auch für alkoholische Getränke. Finanzminister Adrian Câciu sagt dazu, dass die Verbrauchssteuern für diese Produkte seit 2015 nicht mehr aktualisiert worden seien.
Gewinne aus Glücksspielen werden je nach Höhe des Betrags mit 3 % bis 40 % besteuert. Im Baugewerbe, in der Landwirtschaft und in der Lebensmittelindustrie gelten ab dato neue Lohnsteuersätze. Die Obergrenze für steuerfreie oder steuerbegünstigte Entlohnung in diesen Wirtschaftszweigen wird von aktuell umgerechnet 6.000 Euro auf 2.000 Euro gesenkt — wohlgemerkt geht es dabei um Spitzenverdiener in den Vorständen, denn sonst beklagen sich Unternehmer beispielsweise in der Bauindustrie, dass qualifizierte Arbeitnehmer nur noch schwer zu finden sind und dass sie deshalb vermehrt auf Bauarbeiter aus Drittstaaten — vornehmlich aus Asien — zurückgreifen müssen.
Für Arbeitnehmer in Teilzeitarbeit müssen Arbeitgeber nun Sozialabgaben auf Niveau des gesetzlichen Mindestlohns entrichten, was für herbe Kritik aus der Branche sorgte. Kleinere Unternehmen würden dadurch vor dem Aus stehen, außerdem werde dadurch die Schwarzarbeit ermutigt, hieß es.
Weitere Steuererhöhungen sollen ab 1. Januar 2023 in Kraft treten. Die Umsatzsteuer im Hotel- und Gastgewerbe wird dann von aktuell 5 % auf 9 % erhöht. Auch zuckerhaltige Limonaden und und selbst alkoholfreies Bier sollen dann teurer werden. Und schließlich soll die Besteuerung von Immobilien und Eigentumswohnungen um bis das Vierfache erhöht werden, was in einem Land der Wohnungseigentümer sicherlich für politischen Zündstoff sorgen wird — möglicherweise auch für Zoff in der sich derzeit einig zeigenden Koalition.