Abgeordnetenkammer debattiert erneut über Justizgesetze
Das Gesetz über den Status der Richter und Staatsanwälte, Teil des Gesetzespakets über die Justiz, ist erneut der Bukarester Abgeordnetenkammer zu Debatte vorgelegt worden.
Ştefan Stoica, 14.05.2018, 14:40
Seit den Parlamentswahlen vor eineinhalb Jahren ist die Justiz zum Leitmotiv der linksgerichteten Regierung der Sozialdemokratischen Partrei und der Allianz der Liberalen und Demokraten (PSD-ALDE) geworden. Die Justizgesetze, das Strafgesetzbuch und die Strafprozeßordnung befinden sich in einem Änderungsprozeß. Die Änderungen der Justizgesetze seien obligatorisch, weil die Gesetzgebung im Justizbereich mit den Entscheidungen des Verfassungsgerichts harmonisiert und auch verbessert werden müsse, um mißbräuchliche Rechtsausübung zu vermeiden, sagten immer wieder die Vertreter der Regierungskoalition. Die liberale und konservative Opposition klagt aber über die quasi willkürliche Art und Weise, wie die mehrheitliche Regierungskoalition PSD-ALDE ihren politischen Willen durchsetzt und die Justizgesetze ändert. Die Opposition, deren Vorwürfe auch von den Stellungnahmen der Richterverbände und der internationalen Justizeinrichtungen unterstützt werden, betrachtet die zahlreichen Änderungen im Justizbereich als einen kaum verhüllten Angriff gegen die Unabhängigkeit der Justiz und einen Versuch, die Arbeit der Antikorruptionsbehörde, der stärksten Waffe im Kampf gegen die Korruption, zu unterminieren.
Staatspräsident Klaus Iohannis, ein konsequenter Kritiker der Regierungskoalition, hat bereits bekanntgegeben, dass er die Justizgesetze betreffend den Status der Richter und Staatsanwälte, die Organisierung der Gerichte und den Obersten Rat der Richter und Staatsanwälte zum erneuten Untersuchen an das Verfassungsgericht zurückschicken wird. Nach einer Stellungnahme wurde jetzt das Gesetz über den Status der Richter und Staatsanwälte an die Abgeordnetenkammer des Bukarester Parlaments zur erneuten Debatte zurückgeschickt. Vorhin hatte das Verfassungsgericht das besagte Gesetz für verfassungswidrig erklärt; daraufhin hatte der parlamentarische Sonderausschuss unter der Führung des Sozialdemokraten Florin Iordache gewisse Änderungen betätigt, darunter auch den Begriff Justizirrtum” neu definiert. Die mehrheitliche Regierungskoalition hat beschlossen, es bestehe ein Justizirrtum, wenn im Rahmen des Verfahrens prozesuelle Handlungen mit flagranten Verstöseen gegen das Gesetz vorgenommen wurden oder wenn ein endgültiges Urteil ausgesprochen wurde, der flagrant gegen das Gesetz verstößt. Darauf erwiderte die Opposition, die mehrheitliche Regierungkoalition hätte den Begriff Justizirrtum” nicht klar genug definiert. Folglich werde die Opposition erneut eine Klage darüber an das Verfassungsgericht richten. Dazu die Senatorin Alina Gorghiu, von der National-Liberalen Partei:
Ich habe starke Zweifel darüber, dass die Definition des Begriffs Justizirrtum” den Standards entspricht, die von der Venedig-Kommission beschlossen wurden. Deshalb werden wir erneut eine Klage an das Verfassungsgericht einreichen. Das tun wir nicht unbedingt um Liviu Dragnea, den Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei zu ärgern (obwohl dies mich nicht im Geringsten stören würde) sondern weil wir der Ansicht sind, dass die rumänische Justiz bessere Gesetze verdient.”
Darauf antwortete Florin Iordache, der Leiter des parlamentarischen Sonderausschüsses fur die Justizgesetze, die neue Definition des Begriffs Justizirrtum” entspreche den Anmerkungen des Verfassungsgerichts und somit werde die Verantwortung der Richter und Staatsanwälte besser geregelt. Florin Iordache:
Wir haben von Anfang an gesagt: Wir wünschen, dass die Richter und Staatsanwälte zu Verantwortung gezogen werden, wenn sie in böser Absicht oder mit grober Fahrlässigkeit handeln. Gleichzeitig wünschen wir aber auch eine sehr gute Definition des Begriffs Justizirrtum”, damit man nicht jederzeit gegen einen Richter klagen kann, sondern nur wenn ein Justizirrtum vorliegt. In Vergleich mit unseren Kollegen von der Opposition waren wir konstruktiv — wir haben Texte erarbeitet und Themen zu Debatte vorgeschlagen.”
Auf der Agenda des Bukarester Parlaments stehen auch die Vorschläge für die Änderung des Strafgesetzbuches. Der Oberste Rat der Richter und Staatsanwälte hat bereits die Gerichte und Staatsanwaltschaften darüber informiert, er werde die Aufnahme der bösen Absicht und der groben Fahrlässigkeit als Straftaten ins Strafgesetzbuch nicht unterstützen.