Hörerpostsendung 7.6.2015
Heute mit Zuschriften und Hörerfragen aus Polen und Deutschland.
Sorin Georgescu, 07.06.2015, 17:45
Liebe Freunde, herzlich willkommen zur Hörerpostsendung von RRI. Unsere Programme in Deutsch werden zwar überwiegend in deutschsprachigen Ländern gehört, doch hin und wieder erreichen uns auch Zuschriften aus anderen Ländern, und zwar von Hörern, die des Deutschen kundig sind. So etwa erreichte uns unlängst ein Brief aus Polen. Herr Stanisław Praskowicz aus Kąty Wrocławskie in der Nähe von Breslau schrieb uns folgendes:
Ich höre RRI und interessiere mich für die rumänische Sprache. Wollen Sie nicht einen Sprachkurs im deutschen Programm senden? Mit Lehrmaterialien (Skript, Lehrbuch) natürlich. In Polen sind Lehrmaterialien für rumänische Sprache schwer erhältlich.
Fragen:
Ist in Rumänien der Militärdienst pflichtig oder freiwillig? Wie lange dauert er? Wie ist der Verlauf der Rekrutierung zur rumänischen Armee? Welche medizinischen Untersuchungen müssen die Rekruten durchgehen? Wenn der Militärdienst freiwillig ist, müssen alle jungen Rumänen im betreffenden Alter medizinische Untersuchungen vor der sogenannten Musterungskommission über sich ergehen lassen oder nur die freiwilligen Kandidaten für das Heer? Welche sind die medizinischen Grunduntersuchungen – z.B. Blut- und Urinanalyse, Lungenröntgenaufnahme, EKG – oder ist es nur eine sog. ärztliche Kontrolle bei ganz Nackt-Ausziehen?
Gibt es im Programm der Deutschen Redaktion einen Briefkasten? Früher war der Briefkasten immer am Sonntag.
Vielen Dank für Ihre Zeilen, lieber Herr Praskowicz. Die Hörerpostsendung ist immer noch am Sonntag und ich hoffe, dass Sie jetzt zuhören, weil ich ein paar Tipps für Sie habe. Einen Sprachkurs gibt es bei unserem Sender derzeit nur im englischen und französischen Programm. Im englischen Programm heißt die Sendung Romanian without Tears“ und es wird kein richtiger Sprachkurs geboten, sondern eher ein Sprachführer mit den wichtigsten Ausdrücken und Redewendungen, um in Rumänien zu überleben. Leider gibt es keine Audiodateien zu den einzelnen Artikeln, damit man die Aussprache nachvollziehen kann, und die Kollegen von der englischen Redaktion sind leider auch der rumänischen Nationalkrankheit erlegen, die Wörter ohne Diakritika zu schreiben, also ohne die fürs Rumänische erforderlichen Sonderzeichen. Stellen Sie sich vor, man würde Deutsch ohne Umlaute schreiben und würde dem Leser zumuten, sie sich selber dazu zu denken. Viel besser machen das die Kollegen von der französischen Redaktion: Dort heißt die Sendung Le roumain mot à mot“, in jeder der bislang 198 Lektionen auf der Webseite wird auf bestimmte grammatikalische Aspekte eingegangen, der Text ist ordentlich redigiert und die Audiodatei zum Nachhören von zwei Stimmen vorgetragen. Falls Sie also auch des Französischen kundig sind, lohnt es sich, mal hereinzuschauen oder hereinzuhören. Im deutschen Programm ist vorerst kein Rumänisch-Kurs geplant, unsere Redaktion ist zahlenmäßig nicht so gut belegt wie die Kollegen vom englischen oder französischen Sprachdienst. Aber eine Überlegung für die Zukunft wäre es wert, allerdings müsste man dann etwas anderes im Programm opfern.
Dass Lehrmaterialien zum Erlernen des Rumänischen schwer zu finden sind, weiß ich, das ist nicht nur in Polen so. Ich habe mich mal im Internet schlau gemacht. Über das Rumänische Kulturinstitut in Warschau habe ich erfahren, wo überall in Polen Rumänisch unterrichtet wird bzw. wo es einen Rumänisch-Lehrstuhl gibt: an der Jagellonischen Universität Krakau, an der Adam-Mickiewicz-Universität in Posen, an der Uni Breslau, an der Uni Warschau und im EDUKUS-Bildungszentrum in Krakau. Letzteres hat auch eine Webseite, sie lautet www.calitate.pl (calitate – mit c geschrieben – heißt Qualität auf rumänisch). Vielleicht schauen Sie bei einem dieser Standorte vorbei, es wird bestimmt Lehrmaterial zum Ausleihen oder auch zum Kaufen bereitgestellt. Und vielleicht gibt es auch die Möglichkeit, nach fachkundiger Beratung an einem dieser Standorte Lehrbücher direkt aus Rumänien zu bestellen.
Hinsichtlich Ihrer Fragen zum Militärdienst in Rumänien: Seit ca. 10 Jahren hat Rumänien eine Berufsarmee; das heißt, dass nur Freiwillige sich für eine militärische Ausbildung melden können, eine allgemeine Einziehung der Jugendlichen gibt es nicht mehr. Diese Professionalisierung ging mit dem Nato-Beitritt des Landes einher. 2004 trat Rumänien der Nordatlantischen Allianz bei, 2005 wurde ein Gesetz verabschiedet, das die Aufhebung des allgemeinen und obligatorischen Wehrdienstes regelte. Die letzten Rekruten wurden im Oktober 2006 einberufen. Damals zählten die rumänischen Streitkräfte noch 300.000 Kader, heute dienen nur noch 90.000 Menschen beim Militär, davon 75.000 Soldaten und 15.000 Zivilisten. Auf der Webseite des rumänischen Verteidigungsministeriums werden die Bedingungen für die freiwillige Rekrutierung dargestellt, darunter auch ein Formular, in dem die Ärzte die Ergebnisse der medizinischen Untersuchungen eintragen müssen. Wenn ich sage da werden die Kandidaten auf Herz und Nieren geprüft“, ist das noch heftig untertrieben – abgesehen von den gängigen Lungen-, Kreislauf- und Ultraschalluntersuchungen werden da noch ein komplettes Blutbild, ein Zahnarztbefund, eine psychiatrische Untersuchung, ein HNO-Befund und Untersuchungsergebnisse vom Hautarzt, Augenarzt, Orthopäden und bei Frauen sogar vom Gynäkologen abverlangt. Es ist praktisch eine Untersuchung aller Bereiche des menschlichen Körpers. Aber bei einer Berufsarmee muss das vermutlich so sein.
Meinerzeit noch vor der Wende war das ganz anders. Alle achtzehnjährigen Jungen wurden eingezogen, die Musterung erfolgte schon mit 17 Jahren, als man noch die Schulbank drückte. Dazu wurden alle Jungen einer Klasse an einem bestimmten Tag vor eine Militärärzte-Kommission geführt, außer Lungenröntgen und EKG wurde nur noch eine oberflächlich durchgeführte psychiatrische Untersuchung vorgenommen. Und dann stand man reihenweise nackt vor den gelangweilten Ärzten, was so manchem 17-jährigen Spund peinlich werden konnte, denn bei der Musterung waren immer auch Krankenschwestern dabei. Und es waren entweder hartgesottene Mittfünfzigerinnen, die uns missmutig herumkommandierten, oder junge Dinger, die in Anbetracht unserer Nacktheit und Verlegenheit nur noch kicherten.
Im Herbst nach dem Schulabschluss wurde man also eingezogen, der Wehrdienst dauerte in der Regel 18 Monate, es sei denn, man hatte im Sommer zuvor die Aufnahmeprüfung für ein Hochschulstudium geschafft – dann dauerte die Zeit beim Militär nur 9 Monate. Nach der Wende wurden diese Zeiten auf 12 bzw. 6 Monate gekürzt und Studenten traten den Wehrdienst erst nach Studiumsabschluss an. Aus der Zeit gleich nach der Wende kann ich mich noch an Geschichten erinnern, die von den Missständen beim Militär zeugten. Aufgrund der nur oberflächlichen psychiatrischen Untersuchung bei der Musterung gab es Fälle von Ausreißern, die bewaffnet durchs Land geisterten und in manchen Fällen sogar Morde begangen. Ich selbst habe nicht gedient, Anfang der 1990er habe ich studiert, danach hat man mich wohl vergessen oder meine Akte ging verloren, denn erst 2002 erhielt ich wieder ein Schreiben vom Verteidigungsministerium. Damals studierte ich aber erneut, und 2005, als ich mein Zweitstudium fertig hatte, war ich über das wehrpflichtige Alter hinaus, was ich mir bei der städtischen Kommandantur bescheinigen lassen musste. Und wie gesagt hat Rumänien seit 2006 eine Berufsarmee auf freiwilliger Basis.
Und jetzt zu weiteren Hörerzuschriften. Von unserem Hörerfreund Michael Lindner (aus Gera, Thüringen) erhielten wir einen Postbrief und eine E-Mail. Heute verlese ich aus der E-Mail, da Sie Bezug auf die letzten beiden Hörerpostsendungen nehmen. Den Brief und die Beantwortung der dort enthaltenen Frage hebe ich mir für nächstes Mal auf. Herrn Lindner gefiel mein Reisebericht aus Wien besonders gut – er schrieb:
Am letzten Sonntag hörte ich wieder mit großem Interesse den Funkbriefkasten mit Sorin Georgescu, der auch über seine Reise nach Wien berichtete. Das hat mich ganz besonders interessiert, da ich Wien auch schon öfters besuchte und immer total fasziniert war. Allerdings muss ich dazu sagen, dass ich diese Stadt nie für längere Zeit erkunden konnte, da ich mich immer auf der Durchreise befand, entweder nach Ungarn oder Ex-Jugoslawien. So blieben mir immer nur einige Stunden, um Eindrücke sammeln zu können. Hat man wenig Zeit, ist es am besten, man unternimmt eine Stadtrundfahrt, was ich auch getan habe. So konnte ich mich vom Glanz der österreichischen Hauptstadt in kürzester Zeit überzeugen und erfreuen. Aber Ihre Erlebnisse, lieber Herr Sorin Georgescu, haben meine Sehnsüchte nach dieser Stadt geweckt, die ich bestimmt mal für drei oder vier Tage besuchen werde. Jedenfalls kann ich Ihnen nachfühlen, dass Ihnen Wien so gut gefallen hat.
Durch Zufall habe ich gerade in einem Artikel über die Geschichte Wiens erfahren, dass die Stadt nach dem 2. Weltkrieg 1945 von den Siegermächten auch in vier Sektoren geteilt wurde, ähnlich wie das in Berlin geschehen ist. Das wusste ich ehrlich gesagt noch nicht. Allerdings gab es in Wien eigentlich nicht nur vier Sektoren, sondern fünf. Neben dem amerikanischen, englischen, französischen und russischen Sektor wurde die Innenstadt zum internationalen Sektor erklärt, der keiner der Siegermächte gehörte. Auch im Unterschied zu Berlin herrschte bis zum Ende der Besetzung 1955 Reisefreiheit zwischen den einzelnen Sektoren. Eine sehr interessante Geschichte und ich muss zugeben, dass ich wieder Dank der deutschsprachigen Sendungen von RRI etwas dazu gelernt habe. Ja, das ist Radio pur – Radio erweitert den Horizont! […]
Im Moment höre ich so ganz nebenbei“ den Reisebericht von Herrn Willschrey in der Hörerpostsendung vom Sonntag, 31.05.2015. Ist schon toll zu hören, wie andere Hörerfreunde Rumänien beschreiben und erleben. Aber auch der Bericht von Torsten Brandenburger über Radio Free Europe war hochkarätig. Ich glaube, OM Brandenburger könnte darüber ein spannendes Buch schreiben! Die Sendung war also, wie immer, wieder hochinteressant. Vielen Dank!
Vielen Dank für Ihre warmherzigen Zeilen, lieber Herr Lindner. Hinsichtlich Ihrer Bitte um die Bestätigung eines Empfangsberichts durch Radio Constanţa werde ich schauen, was sich machen lässt, ich kenne dort niemanden persönlich, werde aber versuchen, die Leute zu kontaktieren.
Auch Frau Martina Pohl (aus Überlingen, Baden-Württemberg) gefiel mein Wien-Bericht. Folgende Zeilen erhielten wir von unserer Hörerin per E-Mail:
Mit Interesse habe ich im Funkbriefkasten unter anderem auch dem Reisebericht von Sorin Georgescu zugehört. Besonders den Bericht vom Wohn- und Kaufpark Alt-Erlaa habe ich auf Ihrer Internetseite nochmals durchgelesen. Auch die dazugehörenden Fotos, aufgenommen am Abend, vermitteln die unheimliche Atmosphäre dieser großen Anlage. Irgendwie möchte man da nicht alleine spazieren gehen. Ich weiß nicht ob es vergleichbar ist, aber in Berlin Gropius-Stadt gibt es ähnliche Anlagen.
Vielen Dank für den Tipp, liebe Frau Pohl, ich merke es mir und bei entsprechender Gelegenheit fahre ich mal hin. Ich selbst bin ein paar Jahre in einem Plattenbau in Berlin Pankow aufgewachsen, damals war es noch Ostberlin. Und sonst bekannt ist in Berlin noch die Großwohnsiedlung Marzahn, die ich mir im Jahr 2000 aus der Nähe angeschaut habe.
Zeit für die Posteingangsliste:
Postbriefe erhielten wir von Michael Lindner, Gerhard Kriehn, Johann Ruff, Christoph Paustian, Frank Bresonik, Michael Völlger, Werner Schubert und Martin Brosche (alle aus Deutschland) sowie von Hannu Kiiski (aus Finnland). Die Postbearbeitungsstelle ist den kommenden zwei Wochen wegen Urlaubs geschlossen, daher kann es demnächst zu Verzögerungen in der QSL-Zustellung kommen. Die bereits erhaltenen Briefe habe ich aber zur Hand und sie werden in den kommenden Hörerpostsendungen zur Sprache kommen.
Faxe erhielten wir von Günter Spiegelberg und Holger Gemassmer (beide aus Deutschland) – auch auf Ihre Zeilen bzw. Fragen komme ich demnächst zurück.
E-Mails erhielten wir bis einschließlich Samstagnachmittag von Dieter Feltes, Martina Pohl, Horst Kuhn, Andrea Seiser, Volker Willschrey, Michael Lindner und Helmut Matt (alle aus Deutschland) sowie von Paul Gager und Georg Pleschberger (beide aus Österreich) und von Dmitrij Kutusow (englische Schreibweise: Dmitriy Kutuzov) aus Russland.
Audiobeitrag hören: