Mahr als 70 Prozent der Eltern stimmen sich mit den Kindern über den Kauf verschiedener Produkte ab.
Letzten Monat hat das Marktforschungsunternehmen iSenseSolutions eine hochinteressante Studie über das Internetverhalten von Kindern in Rumänien veröffentlicht. Was man schon anekdotisch vermutete, ist nun belegt: rund 85 Prozent der Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen fünf und 16 Jahren gehen täglich online und verbringen etwa fünf Stunden auf sozialen Netzwerken. Was weniger auf der Hand lag, war die Großzügigkeit der Eltern. Im Schnitt bekommen Kinder mit achteinhalb Jahren ihr erstes Tablet, mit neun den ersten Computer und mit 10 das erste Smartphone. Und wenn die Kinder kein Gerät haben, dürfen sie auf jenen der Eltern surfen, zeigte die Studie. Sie schauen Videoclips und verbringen sehr viel Zeit auf Facebook – bei mehr als 40 Prozent der Kinder war die Facebook-App auf dem Smartphone installiert, beliebt sind aber auch Whatsapp, Instagram oder Snapchat. Und bei fast der Hälfte der Kinder standen die Eltern beratend zur Seite und drängten, dass Sohn oder Tochter ein Facebook-Konto einrichtet. So viel zur Legende, dass Erwachsene sich der Gefahren der sozialen Medien bewusst sind und die Kinder einfach nur rebellieren.
Und noch einen wichtigen Schluss ließ die Studie von iSense Solutions zu: die Position der Kinder im Familiengefüge ist viel stärker geworden. Adela Preda vom digitalen Werbebüro Profero spricht darüber, dass die so genannte Entscheidungsmechanik in der Familie sich stark verändert hat. Ihr zufolge haben nicht weniger als 71 Prozent befragter Eltern erklärt, dass sie sich mit den Kindern über den Kauf verschiedener Produkte abstimmen – ganz einfach deshalb, weil sie die Kinder als sehr gut informiert ansehen. Kinder wissen sehr gut Bescheid über Produkte und sind sehr markenbewusst. Viele von ihnen seien anfällig für Onlinewerbung, die auf Facebook erscheint oder am Anfang der Videos bei Youtube oder in kostenlosen Spielen. Für Werbekunden heißt das, dass sie sich unbedingt den sozialen Medien zuwidmen müssen – wenn ein Geschäft nicht dort kommuniziert ist es fast so, als ob das Schaufenster leer bleibt.
Das Problem, mit dem anscheinend weder Kinder noch Eltern rechnen, ist, dass der Auftritt in sozialen Medien Spuren hinterlässt, die auswertbar sind. In Großbritannien gab es unlängst einen Fall, der darauf hindeutet, was auf uns zukommt. Die Versicherungsfirma Admiral Insurance wollte von jungen Erstfahrern die Zustimmung, ihre Facebook-Konten einzusehen. Als Belohnung hätte es Rabatte auf Haftpflichtversicherungen gegeben. Für die Risikobewerter bei Versicherungsunternehmen ist das Verhalten der Nutzer aufschlussreich – sie erkennen schnell, wer ein Draufgänger ist und wer eher zurückhaltend überlegt. Wenn ein junger Mensch zum Beispiel öfters Wörter wie „immer“ oder „nie“ benutzt und gerne viele Ausrufezeichen setzt, kann das auf ein weniger bedächtiges Verhalten schließen lassen, als wenn er „vielleicht“ sagt, berichtete die Londoner Tageszeitung The Guardian. Das ist ein innovativer Ansatz bei der Auswertung von Daten und die Software dahinter ist auch so programmiert, dass sie lernen kann.
Admiral Insurance hat aber die Rechnung ohne Facebook gemacht. Die soziale Plattform verbat sich den Zugang zu den Konten – und wurde prompt von einem Verein für den Schutz von digitalen Rechten gelobt (das ist an sich ein Wunder). Der Plan der Versicherungsgesellschaft sei einem unangemessenen Eingriff gleichzustellen, sagte die Open Rights Group der BBC. Man brauche eine Diskussion über die Auswertung von Daten, die nicht-finanzieller Natur sind, sagte der Chef der Gruppe.
Das könnte aber nur der Anfang sein, denn viele Kinder und Jugendliche versäumen es, den Zugang zu ihrem Konto für Nicht-Freunde zu versperren – und dann ist auch keine Erlaubnis mehr notwendig, um die Kommunikationsform auszuwerten. Fazit: wenn Facebook-Konto, dann nur für Freunde öffnen.
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