In den letzten 18 Monaten war die rumänische Politikszene unruhig. Die Wirtschaft wuchs trotzdem. Ob sich Politik und Wirtschaft gegenseitig beeinflussen, darüber sind sich Experten uneinig.
Rumänien hat in den letzten Jahren ein Rekordwachstum der Wirtschaft verzeichnet. Basierend auf den positiven Zahlen, die von den internationalen Finanzinstitutionen bestätigt wurden und Rumänien an die Spitze der Europäischen Union bringen, hat die Regierung in Bukarest die diesjährigen Lohn-Ausgaben im öffentlichen Sektor erhöht und eine Reihe von Steuern gesenkt. Auch die Einkommenssteuer wurde von 16 auf 10 Prozent gesenkt.
Gleichzeitig ist jedoch die Inflation gestiegen. Die Europäische Kommission hat die Behörden in Bukarest bereits darauf aufmerksam gemacht, dass sich das Haushaltsdefizit Rumäniens gefährlich der 3-Prozent-Schwelle nähert. Der rumänische Staatschef Klaus Iohannis sagte kürzlich, dass die Haushaltseinnahmen stark zurückgehen und dass dies auf die Politik des Kabinetts unter Leitung der sozialdemokratischen Premierministerin Viorica Dăncilă zurück zu führen sei.
In nur zwei Wochen hat der Präsident zweimal den Rücktritt der Premierministerin gefordert. Die politischen Spannungen zwischen dem Präsidialamt und der Regierung haben eine neue Ebene erreicht. Aber welche sind die konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Spannungen? Mircea Coşea, Universitätsprofessor, Ökonom, Regierungsmitglied in den 1990er Jahren und einer der Architekten der wirtschaftlichen und politischen Reform Rumäniens zu Beginn der postkommunistischen Ära dazu:
„Das Problem ist, dass wir ein Umfeld geschaffen haben, in dem die Wirtschaft keine Fortschritte machen kann. Im Gegenteil, meiner Meinung nach wird es auf große Schwierigkeiten stoßen. Weil diese politische Situation – manche nennen es Instabilität, andere Streit, je nachdem, wie wir es interpretieren – schließlich eine Zeit ist, in der es eine Angst gibt, einen Mangel an Vorhersehbarkeit. Es besteht Ungewissheit. Das Vertrauen in das rumänische Wirtschaftsumfeld, die sogenannte funktionale rumänische Marktwirtschaft geht verloren, weil es in Rumänien ein bekanntes Szenario gibt, nämlich die Vorbereitung des Wahlkampfs. Immer wenn der Wahlkampf anfängt, schrumpft die rumänische Wirtschaft. In den nächsten knapp zwei Jahren stehen drei Wahlen an. Meiner Meinung nach hat der Wahlkampf angefangen. Dieser entwickelt sich primitiv, es gibt keinen Kampf der Projekte oder Prinzipien, sondern nur Streit, wie ich sagte.“
Der Wirtschaftsanalytiker Adrian Mitroi beschreibt seinerseits die Auswirkungen politischer Spannungen auf das Wirtschaftsklima:
„Wir haben uns bis jetzt daran gewöhnt, im wirtschaftlichen Wohlstand zu leben, ungeachtet dessen, was auf der politischen Bühne passiert. Wenn Streitigkeiten weitergehen, werden die Märkte tun, was sie immer tun, so einfach ist das, und sie tun es skrupellos. Dieser Mechanismus des Finanzmarktes ist sehr hart, er hebt entweder die Zinsen an oder übt Druck auf den Wechselkurs aus. Die beste Lösung ist in gewissem Maße der Markt, der über einige wirtschaftliche Stabilisatoren verfügt. Die freie Marktwirtschaft, in der wir heute tätig sind und die wir für den besten Wohlstandsmechanismus für uns alle halten, hat auch Regulierungsmechanismen.“
Aber im Moment sollten uns die Zahlen nicht beunruhigen, meint der Wirtschaftsanalyst Adrian Mitroi:
„Wenn die Wirtschaft boomt, so wie jetzt, wenn wir um 7 Prozent wachsen, erscheint es fast selbstverständlich, zumindest vorübergehend, eine Inflation von 5 Prozent zu haben. Sie wird wahrscheinlich auf 3 Prozent sinken. Wenn man sich diese Zahlen anschaut, erscheinen sie vernünftig angesichts dieses Gleichgewichts einer Wirtschaft, die wirklich über dem Potenzial liegt. Wenn alles sehr gut läuft, gibt es zwei Arten von Maßnahmen: die Geldpolitik der Zentralbank, die den wirtschaftlichen Überschwang begrenzt und die Zinsen erhöht, oder die Finanzpolitik. Stoppt die Lohnerhöhungen und erhöht die Steuern. Rumänien ist aus steuerlicher Sicht sehr vorteilhaft. Die Mehrwertsteuer ist niedrig, die Gehälter werden erhöht. Es gibt viele Dinge, die sich angehäuft haben. Wenn man es so betrachtet, ist die Inflationsrate niedrig. Es gibt also eine Anhäufung von Faktoren und ein erhebliches Wirtschaftswachstum. Der rumänische Verbraucher ist optimistisch. Er hat eine positive Meinung, er spart mehr als vor zehn Jahren. Und ich denke, das Wichtigste ist das Investitionspotenzial. Die Produktivität in der rumänischen Wirtschaft wächst. Die Produktivität in der IT-Branche ist hoch. Auch in der Landwirtschaft sind wir stark. Es gibt zwei außergewöhnliche Motoren, die uns voranbringen werden und die sich stark auf Produktivitätssteigerungen verlassen. Ich denke, wir können all diese Sorgen auf einen späteren Zeitpunkt verschieben.“
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