Das Parlament hat unlängst das Haushaltsgesetz für 2017 verabschiedet. Doch über die Eckdaten streiten sich Experten immer noch.
Bei der Haushaltsplanung geht die Regierung von einem Wachstum von 5,2% und einem BIP von über 815 Milliarden Lei aus, das sind umgerechnet etwa 181 Milliarden Euro. Das Haushaltsdefizit soll unter 3% betragen, die Inflation 1,4%. Der Ökonom Aurelian Dochia findet in einem Interview mit Radio Rumänien, dass die Zahlen vielleicht zu optimistisch sind: „Die Europäische Kommission geht davon aus, dass in 2017 das Wachstum bei 4,4% liegen wird. Das ist bereits eine im europäischen Kontext starke Leistung, aber die Zahl liegt unter dem Niveau der Prognose der Regierung. Das wirft dann natürlich einige Fragen auf zum Haushaltsjahr: wächst die Wirtschaft weniger als 5,2%, fallen auch die Einnahmen weit niedriger aus. Das heißt, dass entweder das Defizit stärker steigt als angenommen – womit die Kommission rechnet – oder dass wir bei den Ausgaben sparen. Viel Spielraum besteht diesbezüglich nicht. Es könnte wieder auf Investitionen verzichtet werden, aber wahrscheinlich würde auch das nicht ausreichen. Und weil es bei Renten, Löhnen und Sozialversicherungen auch nicht viele Einsparungsmöglichkeiten gibt, ist mit großer Wahrscheinlichkeit mit einem Defizit von über 3% zu rechnen“, meint Dochia.
Auch der Bukarester Wirtschaftsjournalist Radu Soviani wirft der Regierung vor, zu optimistisch zu planen. „Ich habe mir auch die Schätzung des Nationalen Prognoseausschusses angesehen und wollte herausfinden, auf welcher Basis dieses überoptimistische Wachstum von 5,2% berechnet wurde. Wir sehen dort, dass der Beitrag der Industrie zum Wachstum in 2017 doppelt so hoch sein wird als 2016. Warum aber? Was hat sich signifikant ereignet, damit die Industrieproduktion ihren Beitrag verdoppelt?“, fragt sich Soviani.
Der rumänische Premierminister Sorin Grindeanu setzt hingegen auf höhere Investitionen im Vergleich zum Vorjahr: „Die Investitionsausgaben schätzen wir auf 4,8% vom BIP, das sind 0,9 Prozentpunkte mehr als 2016. Einige Ressorts bekommen mehr: Das Verteidigungsministerium kriegt 2% vom BIP, das Bildungsministerium 26,2% mehr als letztes Jahr, das Gesundheitsministerium 18% mehr, die Krankenkasse 10,3% mehr, das Landwirtschaftsministerium 83,2% und das Verkehrsministerium 60,5% mehr“, so Grindeanu.
Nach dem Haushaltsgesetz sollen die Löhne in Gesundheit und Erziehung um 15 Prozent wachsen. Auch Renten und Mindestlohn steigen. 90 km Autobahn sollen fertiggebaut, 272 km Nationalstraßen saniert werden, der Bau von 2.500 Kitas und 2.000 Schulen in Auftrag gegeben werden. Wie der sozialdemokratische Abgeordnete Leonardo Badea betont, deuten die Zahlen auf mehr Vertrauen in die Wirtschaft hin. Die Maßnahmen der Regierung werden zu einem höheren Konsum führen – daher sei der Haushalt primär auf höhere Einkommen der Menschen, mehr Investitionen in Infrastruktur und weniger Steuern ausgerichtet, stellt Badea klar: „So wie der Haushalt jetzt aussieht, gibt es mehr Wohlstand für die Bürger. Das ist der wichtigste Indikator für die Richtigkeit der Politik. Diese Vision setzt Mechanismen voraus, die auf der Übersetzung höherer Löhne durch den Konsum in eine höhere Gesamtnachfrage basieren. Wir müssen auf das Modell einer Billiglohnwirtschaft verzichten und das Modell einer Ökonomie mit qualifizierten Fachkräften annehmen“, meint der Sozialdemokrat.
Die Opposition sieht die Situation anders. Weil die Liberalen den Zahlen der Regierung nicht trauen, stimmten sie gegen den Haushaltsentwurf, sagt der liberale Abgeordnete Florin Cîţu: „Dieser Haushalt wird meiner Meinung nach kein Wirtschaftswachstum gewährleisten. Er steckt nicht mehr Geld in die Taschen der Bürger, wird zu einem höheren Defizit als geplant führen und wir werden in 2017 nicht sagen können, dass Rumänien einen Schritt weiter ist. Die Sozialdemokraten haben einen Haushalt vorgelegt, der nur die eigene Klientel und wirtschaftlich unerfahrene Leute zufriedenstellt“, kritisiert der liberale Politiker.
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