Die differenzierte Besteuerung der Umsätze im Buchhandel wirkt befremdend. Der gleiche geistige Inhalt wird unterschiedlich besteuert, je nachdem ob er auf Papier erscheint oder als elektronischen Datei. Das will die Europäische Kommission jetzt ändern.
Die Europäische Kommission hat Anfang dieses Monats in ihrer Philosophie über E-Books sozusagen zurückgerudert. In einem Paket von neuen Vorschlägen zur unternehmensfreundlicheren Regulierung der Steuervorschriften im Onlinehandel heißt es wörtlich, dass es den Mitgliedstaaten ermöglicht wird, „ihre Mehrwertsteuersätze für elektronische Veröffentlichungen wie E-Books und Online-Zeitungen zu senken“.
Die Kommission versucht so, einem älteren Anliegen des Buchhandels in Europa Rechnung zu tragen. Die Verbände der Industrie hatten oft bemängelt, dass E-Books stärker besteuert werden als gedruckte Bücher. In den Ländern der EU werden Geschäfte mit Büchern auf Papier im Schnitt mit 7,6 Prozent besteuert, während die Mehrwertsteuer für digitale Bücher mit 19,9 Prozent fast das Dreifache beträgt. Das sei nicht mehr mit der modernen Realität zu vereinbaren, sagte EU-Finanzkommissar Pierre Moscovici: „Ob Sie es auf Papier lesen oder in elektronischer Form - ein Buch bleibt ein Buch, und ein Magazin bleibt ein Magazin“, sagte Moscovici auf der Pressekonferenz zur Vorstellung des Pakets. Und die Rechtslage müsse das widerspiegeln, fügte er hinzu.
Die Vorschläge der Kommission, die nun auch durch das Europäische Parlament und den Rat müssen, entsprechen einer 180 Grad Wende des Brüsseler Gremiums. Noch vor einigen Jahren hatte die Kommission rechtliche Schritte gegen Frankreich und Luxemburg eingeleitet, die im Alleingang die Mehrwertsteuer auf E-Books-Verkäufe auf 5,5 bzw. drei Prozent gesenkt hatten.
Die Klage der Kommission vor dem Gerichtshof der Europäischen Union hatte Erfolg: Im März 2015 entschied das Gericht, dass digitale Bücher wie elektronische Dienstleistungen behandelt werden müssen – sie würden zwar auf einem „physischen Träger“ gelesen, jedoch werde ein solcher Träger nicht „zusammen mit dem elektronischen Buch geliefert“. Die Anwendung des ermäßigten Satzes sei daher ausgeschlossen. In Deutschland, wo für Bücher sieben Prozent Mehrwertsteuer, für digitale und Hörbücher aber 19 Prozent fällig sind, kommentierte der Börsenverein lapidar: Es sei unerklärlich, wieso E-Book-Leser schlechter gestellt werden.
Jetzt dürfen die Staaten – sie müssen es natürlich nicht – digitale und gedruckte Bücher steuerlich identisch behandeln. Das dürfte nach Hochrechnung der Kommission den Handel mit elektronischen Büchern beflügeln. E-Books sollen bis 2021 bis zu 20 Prozent des Gesamtumsatzes von Büchern einnehmen, eine Steigerung von 15 Prozentpunkte im Vergleich zur gegenwärtigen Lage in Europa.
In Rumänien kann der Buchhandel von solchen Anteilen nur träumen: Hier nehmen die digitalen Bücher nur 0,5 Prozent am Gesamtumsatz ein, wobei, dass auch auf die Situation zurückzuführen ist, dass Papierbücher mit fünf Prozent ermäßigt besteuert werden, während für E-Books der volle Satz von 20 Prozent fällig wird. Das könnte sich also in Zukunft ändern.
Wer aber mehr von den neuen Regelungen profitieren wird ist die Medienbranche – denn wie Finanzkommissar Moscovici sehr schön sagte, bleibt ein Magazin ein Magazin, egal auf welchem Träger es gelesen wird. Für eine von finanziellen Schwierigkeiten und fallenden Werbeeinnahmen geplagte Branche wäre eine ermäßigte Mehrwertsteuer eine echte Verschnaufpause.
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