14.000 Ärzte haben laut Statistik in den letzten Jahren Rumänien verlassen. Die Ärzte-Migration, die mangelhafte Ausstattung der Krankenhäuser, die informellen Zahlungen sind bekanntlich einige der Probleme des rumänischen Gesundheitswesens.
Rumänien gilt als eines der medizinisch am schlechtesten versorgten Länder Europas. Zu viele Kranke für zu wenige Betten, mangelhafte Ausstattung und Hygiene der Krankenhäuser, unzulängliches Fachpersonal – alles ist durch eine chronische Unterfinanzierung zu erklären, die die Patientenversorgung gefährdet.
Die Reformen, die im Gesundheitswesen umgesetzt wurden, blieben meistens ergebnislos oder führten zu Fortschritten, die kaum zu merken sind. Der EU-Beitritt des Landes machte die Abrufung von EU-Fonds möglich, was das allgemeine Bild des maroden Gesundheitssystems jedoch nicht verändern konnte. Die Personenfreizügigkeit für rumänische Bürger innerhalb des EU-Binnenmarktes hat vielmehr das besorgniserregende Phänomen der Auswanderung rumänischer Ärzte nach Westeuropa hervorgerufen. Cristian Buşoi ist Arzt und Europaabgeordneter der Europäischen Volkspartei (EVP). Seiner Ansicht nach sei die Auswanderung der Ärzte eines der größten Probleme im rumänischen Gesundheitswesen:
„Laut einer Statistik des Ärztekollegiums, haben in den letzten Jahren über 14.000 Ärzte auf der Suche nach besseren Arbeitsbedingungen ihre Heimat verlassen. Das bedeutet, dass wir weniger Experten hierzulande haben, selbst wenn ihre Ausbildung vom rumänischen Staat finanziert worden ist, was letztendlich eine unbefriedigende Patientenversorgung mit sich bringt.“
Das Problem komme jedoch nicht ausschließlich in Rumänien vor. Die Kroatin Biljana Borzan ist Mitglied der Fraktion der Progressiven Allianz der Sozial-Demokraten im Europaparlament und des Ausschusses für Umwelt, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit. Was kann die Europäische Union machen, um der Ärzte-Migration, die vor allem Osteuropa betrifft, ein Ende zu setzen? Biljana Borzan:
„Es gibt keine armen EU-Staaten, die die Lösung zu diesem Problem gefunden haben, denn es ist eigentlich normal, dass gut ausgebildete Fachleute ein besseres Leben, optimale Arbeitsbedingungen und bessere Gehälter anstreben. Mir ist der Fall einiger Ärzte aus meinem Heimatland Kroatien bekannt, die ihre Heimat verlassen haben, um in Frankreich und Deutschland zu arbeiten, aber nach einigen Jahren zogen sie zurück nach Kroatien. Sie werden hier nicht so gut wie in Westeuropa bezahlt, aber dennoch, was die Arbeitszeit angeht, können sie hier ein normales Leben führen. Selbstverständlich ist auch das Leben billiger im Osten als im Westen, also mit weniger Geld kann man in Kroatien mehr als in Westeuropa kaufen. Viele, die nach Westen ziehen, verdienen besser, aber bald stellen sie fest, dass sie im Alltag mehr ausgeben. Darüber hinaus kann das Leben in einem anderen Land, wo man die Sprache nicht kann, einen Stressfaktor darstellen. Die EU-Freizügigkeit ist ohnehin eine große Chance für alle, im Idealfall sollten unsere Fachleute nach ihrer Auslandserfahrung in die Heimat zurückkehren.“
In Rumänien herrscht hingegen kein Optimismus über die mögliche Heimkehr der Ärzte, dafür sollte man wirksame und nachhaltige Lösungen finden, sagt der Europaabgeordnete Cristian Buşoi:
„In erster Linie müssen die Gehälter der Ärzte erhöht werden. Selbst wenn sie neuerdings gesteigert wurden, wage ich es, zu sagen, dass sie nicht attraktiv genug sind, sie sind nicht einmal ausgewogen und richtig. Wenn wir dem Phänomen der informellen Zahlungen im Gesundheitswesen ein Ende setzen wollen, und die Justizbehörden sind gegen dieses Phänomen allerdings hart vorgegangen, muss das Personal im Gesundheitswesen wirklich besser bezahlt werden. Darüber hinaus müsste man in die Gesundheitsinfrastruktur mehr investieren, sie muss modernisiert werden. Rumänien braucht neue Krankenhäuser und bessere medizinische Ausstattung. Die öffentlichen Ausgaben müssen selbstverständlich unter transparenten Bedingungen erfolgen. Nicht zuletzt müssen die Einrichtungen des Gesundheitswesens umorganisiert werden. Viele Ärzte verlassen ihre Heimat auf der Suche nach einem besseren Arbeitsplatz nicht nur, weil sie schlecht bezahlt werden und weil sie unter schlechten Bedingungen arbeiten müssen, sondern auch weil sie hier keine Chance auf Beförderung haben, selbst wenn sie gute Leistungen haben. Auch in diesem Bereich herrschen in Rumänien die Vetternwirtschaft, der Klientelismus und die Vorteilsbeschaffung aufgrund anderer Kriterien als die professionelle Leistung.“
Eine bessere Planung und eine richtige Verteilung der Finanzmittel wären erforderlich für ein gutes Funktionieren des Systems, sagte im Anschluss unser Gesprächspartner. Es bleibt nur zu hoffen, dass die politischen Entscheidungsträger bessere Lösungen als bislang finden werden.
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