Staat bezahlt nach Ansicht der Arbeitgeber zu viel Sozialhilfe / Private Pflichtrenten hatten 9% Jahresrendite / Rumäniens Zentralbank BNR ist über geldpolitische Gleichgewichtsstörungen beunruhigt
In Rumänien beklagen besonders Arbeitgeber aus der Landwirtschaft ein Paradox: Während sie für gelegentlich anfallende ungelernte Beschäftigungen keine Tagelöhner oder Saisonarbeiter kriegen können, gibt es am Land viele potenzielle Arbeitnehmer, die vom Staat versorgt werden.
Jetzt hat auch die Branchenvereinigung LAPAR, kurz für Liga der rumänischen Agrarproduzenten, eine Stellungnahme abgegeben, in der sie für eine Verbesserung der Rechtslage eintritt. Die Menschen am Land würden nicht bei der Ernte oder Lese arbeiten wollen, weil der Staat ihnen auch bei kürzestem Einsatz die Sozialhilfe streichen würden, sagt die LAPAR. Wenn überhaupt, seien sie deshalb nur an Schwarzarbeit interessiert. Deshalb müsste die Rechtslage geändert werden – entweder soll der Staat fortan wirklich nur arbeitsunfähige Menschen unterstützen, zum Beispiel Kranke oder Behinderte. Oder die Tagelöhner sollten ihre Sozialansprüche eben nicht mehr einbüßen, nur weil sie kurzfristig in einem Landwirtschaftsbetrieb jobben.
///
Private Pflichtrenten: das klingt nach einem Oxymoron, einem Widerspruch. Ist es aber nicht. Angesichts der rückläufigen demographischen Entwicklung setzen Staaten in Europa längst nicht mehr nur auf das öffentliche Rentensystem im Umlageverfahren und Generationensolidarität, sondern auch auf privat verwaltete Rentenfonds, zu denen die Arbeitnehmer verpflichtend beitragen. Hier zahlt jeder Arbeitnehmer auf ein individuelles Konto ein, das Geld wird gewinnbringend angelegt, so dass am Ende des Berufslebens den Menschen eine zusätzliche Rente zur staatlichen Pension ausgezahlt wird. Unberührt davon bleiben freiwillige Rentenversicherungen. Das System gibt es seit 2007 auch in Rumänien, und der Verband der Fondsverwalter hat zum 10. Jahrestag in dieser Woche auch Zahlen vorgelegt. Eingezahlt wurden über diesen Zeitraum 38 Milliarden Lei auf rund 7 Millionen Einzelkonten. Bislang erreicht so ein Konto im Schnitt 5.500 Lei, also umgerechnet etwas mehr als 1100 Euro. Etwa eine Million Menschen haben aber das Doppelte davon erreicht. Im Schnitt liegt die Jahresrendite des Systems bei leicht über neun Prozent. Klingt nicht unbedingt nach viel, doch dem Investitionseifer der Fondsmanager sind aus Gründen der Sicherheit Grenzen gesetzt – sie dürfen das Geld nicht in riskant Anlagen stecken.
///
Wachstum ist nicht alles: Die rumänischen Zentralbanker sind über die anhaltende Zunahme des BIP um zuletzt 5,9% nicht unbedingt froh, da das Wachstum auch mehr Defizite bedeutet und geldpolitische Konsequenzen hat. Aus dem gerade veröffentlichten Protokoll der Sitzung des Verwaltungsrates der Bank vom 3. Oktober geht heraus, dass die größte Sorgen das Leistungsbilanzdefizit bereitet, das sich im zweiten Quartal zum ersten Quartal fast verdreifacht hat. Die Güter- und Dienstleistungsbilanz erreichte den Tiefstpunkt der letzten 19 Monate, hieß es. Weil das Defizit durch die zurückgehenden ausländischen Direktinvestitionen und Kapitaltransfers nicht aufgefangen werden kann, wird Druck auf den Wechselkurs ausgeübt. In Laiensprache übersetzt heißt das also, dass weniger Euro nach Rumänien fließen und der Euro aufgrund der höheren Nachfrage teurer wird. Nach sieben Monaten liegt das Defizit bei über 3,6 Milliarden Euro, über 60% mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Großbanken wie die Erste Bank und die Banca Transilvania rechnen für 2017 mit einem Leistungsbilanzdefizit von 3,2% bzw. 3,4% vom BIP.
Nützliche Links
Copyright © . All rights reserved